Rezension: Rüstkammer der dampfenden Dschungel

Vorbemerkung: Als letztes Print-Produkt zum Tiefen Süden fehlt in meinem Rezensionsreigen noch die Rüstkammer der dampfenden Dschungel von Johannes Kaub und David Schmidt, in der auch dieses Mal zusätzliche Ausrüstungsgegenstände und Waffen mit einer regionalen Ausprägung vorgestellt werden sollen. Dabei richtet sich die Spielhilfe vor allem an solche SpielerInnen, die planen eine Figur zu spielen, die aus den Dschungeln stammt oder die aufgrund einer Reise dorthin solche Gegenstände ins Auge fasst, um bestmöglich an die dortigen Gegebenheiten angepasst zu sein.

In Zahlen:

– 32 Seiten

– Preis: 11,95 Euro

– Erschienen am 2.9. 2020

I. Aufbau und Inhalt   

Wie gewohnt nehmen die Waffenbeschreibungen den größten Seitenplatz innerhalb des Heftes ein, von denen zunächst 15 enthalten sind, wobei es sich um eine Mischung aus Dolchen, Speeren, Fernkampfwaffen, Schilden und ungewöhnlicheren Varianten wie einer Peitsche handelt. In der Darstellung gibt es wie üblich einen Informationstext mit einem kurzen Ingame-Text über die Besonderheiten der betreffenden Waffe als Vorspann, zudem die Regelangaben nebst Waffenvor- und -nachteilen. In einigen Fällen sind zudem wieder kurze Dialoge der ikonischen Helden vorhanden, in denen sie humorig über die Waffe sprechen. Im gleichen Stil werden drei Rüstungen beschrieben, die allerdings alle nicht auf Metall basieren. Eine Sonderstellung in den Waffenbeschreibungen nimmt das Arsenal der Tapo-Tikaute ein, das komplett die Besonderheit aufweist, aus dem nur ihnen bekannten Metall Epharit hergestellt worden zu sein. Das komplette Set besteht dabei aus Rüstung, Schild, Schwert und Speer.

Dem schließen sich 4 Werkzeuge (Kanu, Kletterriemen, Mörser und Wellenreiterbrett) an sowie 6 besondere Gegenstände (Geisteraxt, Jadeamulett, Knochenkeule, Kristallschädel, Fangnetz und Schrumpfkopf). Zur Ausschmückung von Reisen in der Region finden sich außerdem wieder Anmerkungen zu passender Bekleidung, dem Kunsthandwerk und dem Speisenangebot (nebst zwei Beispielen für ein Provantpaket). Das abschließende Kapitel widmet sich den Besonderheiten des Tauschhandels, der hier vor allem auch den Charakter eines Rituals folgt und dementsprechend auch einen gewissen Zeitraum in Anspruch nimmt, bevor es üblicherweise zu einer Einigung zwischen den Verhandlungspartnern kommt. Der Einband wurde zum Abdruck je einer Waffen- und einer Warenliste genutzt.

II. Kritik

Was zunächst positiv auffällt, ist der Umstand, dass sich die beschriebenen Waffen und Gegenstände merklich von den meisten bisherigen regionalen Rüstkammern unterscheiden, die sich ja oft sehr ähnelten (vor allem die zu den Streitenden Königreichen, der Siebenwindküste und den Flusslanden), weil sehr viele Ähnlichkeiten vorhanden waren. Hier hingegen ist die lokale Auprägung doch sehr spürbar, z.B. auch durch die verwendeten Materialien. Somit finden sich eben nicht nur örtliche Varianten von eigentlich sehr gängigen Waffentypen (also schlicht vielen Schwerter- oder Speer-Versionen), sondern auch seltener verwendete Gattungen wie dem Blasrohr, der Machete oder der Harpune. Dabei wurde auf eine große Bandbreite geachtet, auch was die Verteilung auf unterschiedliche Stämme betrifft. Was hier etwas negativ ins Gewicht fällt, ist hingegen die Machart der Waffen, die durch die Wahl von Materialien wie Stein und Knochen für Klingen oder Bast und Leder für Rüstungen oft den Metallvarianten der nördlichen Regionen unterlegen wirken, gerade bei den Waffen wird dementsprechend häufig auf die geringere Belastbarkeit hingewiesen. Zum Glück wird dies ausgeglichen durch das Arsenal der Tapo-Tikaute, die eben über solche Waffen verfügen und gerade die Epharit-Waffen stellen eine echte Besonderheit dar (auch wenn sich mir nicht unbedingt erschließt, welchen Mehrwert die Gorilla-Optik haben soll, auch da sie – sicher unbeabsichtigt – wieder auf unglückliche Klischees verweist). Mir fehlt aber auch hier – wie schon in der Regionalspielhilfe – die nicht bereitgestellte Erläuterung, warum magiebegabte Charaktere dieses Metall ohne die sonst üblichen Einschränkungen verwenden können, weil gerade das ja einen immensen Vorteil gegenüber allen anderen Kulturen darstellt.

Damit wird wiederum der Ansatz verfolgt, der auch in Die dampfenden Dschungel schon recht konsequent vorfolgt wird, indem darauf geachtet wird, die Kulturen der Region eben nicht als unterlegen zu beschreiben, sondern sie völlig auf Augenhöhe agieren zu lassen. Dies gilt zwar im Fall der Metallwaffen nur für einen speziellen Stamm, dafür ist an anderen Stellen dafür gesorgt worden, dass auf realistische Materialien zurückgegriffen wird, die auch sehr effektiv sind, z.B. im Fall der Keke-Chitinrüstung oder dem Netz der Keke-Wanaq, die sich bei den Eigenschaften der Spinne bedienen, Gerade solche Gegenstände und Waffen, die sich sehr natürlich an die regionalen Gegebenheiten anpassen, empfinde ich als sehr überzeugend, auch weil sie sich wiederum von dem abheben, was andere Gegenden Aventuriens anbieten können, die nicht so starke Besonderheiten aufweisen.

Was aus meiner Sicht eindeutig weniger gelungen ist als in anderen regionalen Rüstkammern, ist das Sonderkapitel zum Tauschhandel. Einerseits mag das natürlich durchaus durch das eher knappe Kapitel zum Handel und Wandel in der Regionalspielhilfe motiviert sein, in dem ja eher auf das weitgehende Fehlen eines Geldverkehrs hingewiesen wurde. Trotzdem handelt es sich für meinen Geschmack um ein eher dröges Element, vor allem wenn man es mit den entsprechenden Pendants vergleicht, z.B. dem Flussschiff (aus der Rüstkammer der Flusslande) oder dem Karawanserei (aus der Rüstkammer des Dornenreichs). Ein direkt bespielbares Element halte ich hier immer für attraktiver als eine weitere theoretische Abhandlung, die in diesem Fall ohnehin besser direkt in die Regionalspielhilfe eingefügt worden wäre. Ganz generell ist mir hier der gesamte Text auch zu abstrakt gehalten, z.B. wäre aus meiner Sicht eine kleine Tabelle mit Beispielen für angemessenen Tauschhandel (als Produkte in der Gegenüberstellung) sinnvoll gewesen.

Deutlich reizvoller sind hier meiner Meinung nach z.B. die besonderen Gegenstände wie z.B. der Kristallschädel (gleichermaßen aus der mittel- und südamerikanischen Kultur als auch – in der abgebildeten Machrt – dem Indiana Jones-Film entlehnt) oder die Geisteraxt, die in der Beschreibung schon sehr viele Abenteueranlässe enthalten. Umgekehrt gibt es auch manche Gegenstände die ich eher weniger interessant finde, vor allem das Wellenreiterbrett, eine Art aventurisiertes Surfbrett, ist für meinen Geschmack schlichtweg zu albern.

Auch hier ist natürlich wieder die enge Verbindung an die anderen Produkte des Gesamtpakets zu den dampfenden Dschungeln erkennbar, indem gleich mehrere der beschriebenen Waffen und Gegenstände im Abenteuer Jadegrün und Kobaltblau bereits Verwendung finden. Das zeigt einerseits direkt die hohe Verwendbarkeit, ist allerdings andererseits auch schon eine gewisse Überreizung (was aber der Rüstkammer natürlich nicht anzulasten ist).

III. Fazit

Die Rüstkammer der dampfenden Dschungel bietet ein sehr abwechslungsreiches Arsenal an Ausrüstungsgegenständen und Waffen, die sich auch von den Inhalten der bisherigen regionalen Rüstkammern unterscheiden und die Eigenheiten der Region gut unterstreichen und nutzen. Allerdings fehlt es mir an direkt spielbaren Elementen, die in den vergleichbaren Bänden bisher zumeist enthalten waren.   

Bewertung: 4 von 6 Punkten          

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