Rezension: Die Hexe vom Schattenwasser I – Soloabenteuer und Regeln

Vorbemerkung: Gut ein Jahr nach der neuen Einsteigerbox ist mit Die Hexe vom Schattenwasser jetzt Nachschub erschienen. Aufgrund des Umfangs möchte ich die Rezension dazu teilen, indem ich zunächst den Fokus auf den Solobereich lege, es folgt noch ein zweiter Teil zu dem Kampagnenband und allem, was dazu gehört.

Wie schon bei Das Geheimnis des Drachenritters sind auch die einzelnen Hefte von Die Hexe vom Schattenwasser miteinander verbunden. Dazu gehören unter anderem zwei Soloabenteuer, in denen die beiden neuen Spielercharaktere eingeführt werden, die die Figurenauswahl für die Einsteigerbox erweitern sollen, zudem auch noch zwei ausführliche Heldenbögen, in denen die beiden Figuren vorgestellt werden. Im Gegensatz zur ersten Box ist hier nur ein kleines Regelheft enthalten, das ebenfalls an dieser Stelle besprochen werden soll, da es sich fast ausschließlich den Regelbereichen widmet, die mit den beiden neuen Charakteren in Verbindung stehen. Weiterhin haben die Soloabenteuer dabei die Funktion, unerfahrene SpielerInnen im Vorfeld eines Gruppenabenteuers mit den Figuren vertraut zu machen, wobei sie quasi selbsterklärend sein sollen.

Inhalt

Die Heldenbögen

Das Repertoire der spielbaren Figuren wird um den Streuner Angrond Fuxfell und die Hexe Morla Grabensalb erweitert. Beide Charaktere haben dabei einen sehr umfassenden Heldenbogen in Form eines kleinen Heftes enthalten. Dabei befindet sich in der Mitte einer Doppelseite der jeweilige Wertebogen, an den Rändern sind die entsprechenden regeltechnischen Erläuterungen vorhanden, zudem gibt es reichlich Raum für eigene Notizen. Der Bogen für Morla ist etwas länger als der von Angrond, da bei ihr zusätzlich noch Zauber und deren Wirkungserläuterung beinhaltet sind. Außerdem gibt es bei ihr noch einen weiteren kleinen Heldenbogen für das Krötenmännchen Ilja, Morlas Vertrautentier.

Die Regeln

Hier sind zunächst neue Vor- und Nachteile enthalten, z.B. der Fuchssinn für Angrond als Vorteil oder die verräterische Hexensträhne als Nachteil für Morla. Im Zentrum des kurzen Hefts steht aber der Bereich der Magie, in dem Morla mit 9 Hexenzaubern ausgestattet wird, u.a. der harmlosen Gestalt, Hexengalle und Hexenkrallen und dem Spinnenlauf. Neben der Zauberbeschreibung werden auch die Regelaspekte erläutert. Weiterhin findet sich ein allgemeiner Informationstext zu Vertrautentieren, was mit konkreten Regeln in Form der Werte der Kröte als Vertrautentier und 6 Vertrautentricks erweitert wird. Auf einige wenige neue Sonderfertigkeiten folgen Detailregeln, die Steigerungshinweise für Morla und Angrond geben. Das Heft schließt mit Waffen und Ausrüstung, wobei auch auf die Limits beider Heldentypen eingegangen wird.  

Die Soloabenteuer

Wie schon bei Das Geheimnis des Drachenritters ist jeweils ein Soloabenteuer pro Figur vorhanden, in dem einerseits deren Hintergrund eingearbeitet ist und andererseits ein Anlass vorhanden ist, sie in die Gegend von Reichsend zu führen. Als Bindeglied fungiert wie gehabt die Hauptfrau der gräflichen Garde, Ergard Hohenwald, die als erste Auftraggeberin in Erscheinung tritt. Ein Teil der Abenteuer wird dabei von Erläuterungen eingenommen, wie z.B. Proben oder Kämpfe durchgeführt werden.

Hexenhütte

Hier erlebt Morla Grabensalb ihr erstes Abenteuer, das mit einem großen Schock für sie beginnt: Als sie aus einem merkwürdigen Traum erwacht, ist ihre Kröte Ilja verschwunden. Somit muss sie sich im Wald auf die Suche nach ihrem Vertrauten begeben, wobei sie von Erlgard erfährt, dass Ilja nicht das einzige verschwundene Tier in der Gegend ist. Nicht gerade hilfreich ist der Eindruck, dass Erlgards Soldaten offenbar Angst vor dem Wald und seinen Bewohnern haben.

Schmuggelware

Angrond Fuxfell hingegen ist schon in Reichsend angekommen, hat allerdings das Problem, dass seine Ankunft dort unerfreulich endete, indem er von der Garde direkt festgenommen wurde. Allerdings bietet Erlgard ihm einen Ausweg, indem sie ihn beauftragt, dem florierenden Waffenschmuggel in der Stadt auf den Grund zu gehen, wofür nur ein Fremder wie Angrond in Frage kommt, der eben nicht mit der Garde in Verbindung gebracht wird. 

Kritik

Nach wie vor gilt ein gleicher Eindruck wie schon bei den vier Soloabenteuern von Das Geheimnis des Drachenritters. Auf knapp einem Dutzend Seiten geht es nicht darum, eine abendfüllende Geschichte mit vielen Wendungen und viel Interaktion zu gestalten. Es handelt sich vielmehr um sehr kurze Abenteuer, die in knapp 20-30 Minuten durchgespielt werden können, somit ist auch die Story extrem überschaubar. Auch der Aufbau ist eher gradlinig, es gibt kaum Optionen mit denen man unterschiedliche Wege bis zum Finale gestalten kann und auch das Scheitern bei Proben hat nur sehr geringe Auswirkungen. Ein Scheitern ist sogar völlig ausgeschlossen, was auch und gerade für das jeweilige Finale gilt. Das bedeutet natürlich, dass die Soloabenteuer für erfahrene SpielerInnen keinerlei Herausforderungen beinhalten, es bleibt ein reines Einsteigerprodukt.

Der Grundaufbau ist jeweils ähnlich: Beide Figuren werden in eine typische Umgebung versetzt, Morla in den Wald, Angrond in das Nachtleben von Reichsend, haben anschließend eine Begegnung mit Ergard, die ihnen den Auftrag erteilt und müssen dann im Finale eine Konfrontation überstehen. Dabei müssen sie ihre typischen Eigenschaften und Fertigkeiten nutzen, Morla kann zudem Magie anwenden.   

Allerdings ist dies schlichtweg auch nicht die Funktion der Abenteuer, epische Geschichten zu transportieren. Vielmehr richten sie sich an neue SpielerInnen, die ihre ersten Schritte nach Aventurien wagen sollen. Dazu ist die Geschichte vor allem ein Vehikel, um passende Situationen herbeizuführen, in den denen sie mit den Probeaspekten vertraut gemacht werden. Diese Erläuterungen funktionieren sehr gut und anschaulich, so dass man ohne die Anleitung durch SpielleiterInnen die Grundmechanismen versteht. Somit ist für mich die Tutorial-Funktion völlig erfüllt. Daneben bringt die Geschichte aber in einigen kleineren Details (z.B.  mit dem Waffenschmuggel oder den Gerüchten um die Hexe im Wald) schon Aspekte der Hauptgeschichte von Die Hexe vom Schattenwasser ein, die dann in den Gruppenabenteuern bzw. der Kampagne wieder aufgenommen werden. Zusätzlich erhält man grundsätzliche Eindrücke von den Schwerpunkten der Charaktere, indem Morla mit ihrem Vertrauten Ilja interagiert und sich vor allem in der Natur beweisen darf, während der Streuner sich in einem städtischen Milieu beweisen muss und mit Unterweltgestalten verhandelt, womit die klassischen Einsatzgebiete bespielt werden. Das ist natürlich alles andere als klischeefrei, ist hier aber durchaus funktional. Gleiches gilt für die FInalgestaltung, indem jeweils ein kurzer Kampf gegen ein typisches aventurisches Wesen durchgeführt wird. Immerhin haben die vorherigen Handlungen zudem eine kleine Auswirkung, indem im Finale eine Erleichterung auftritt, außerdem hängt die Höhe der abschließenden Belohnung von bisherigen Erfolgen oder Misserfolgen leicht ab.    

Weiterhin gut ist die Umsetzung der Heldenbögen, die alles enthalten, was die SpielerInnen benötigen und im kleinen Rahmen ein eigenes Regelheft darstellen, angepasst auch die Fähigkeiten der entsprechenden Figur. Das Regelheft fokussiert sich dabei sehr eng auf die beiden neuen Figuren, was ich aber grundsätzlich angemessen finde, nachdem ich im Vorfeld die Befürchtung hatte, dass mehr allgemeine Regeln enthalten sein würden, die die Komplexität erhöht hätten, was aus meiner Sicht eher kontraproduktiv gewesen wäre.

Fazit

Das Material rund um die Soloabenteuer ist didaktisch gut durchdacht, EinsteigerInnen werden angemessen an die Hand genommen, wobei das Material gut funktioniert und selbsterklärend ist. Dabei steht weniger die Geschichte im Vordergrund, sondern die Funktion als spielbare Einführung. Dies wird durch die ausführlichen Heldenbögen und die kurzen Regelergänzungen unterstützt.

Eine endgültige Bewertung folgt im Gesamtfazit des zweiten Teils der Rezension zu Die Hexe vom Schattenwasser.

5 Kommentare

  1. Der wenige Inhalt der großen Box hätte auch in einen Umschlag gepasst. Der Preis gegen Leistung sehr Gering. Material hatte ich in einer halben Stunde völlig angesehen. Die Box lohnt sich nicht zu kaufen. sehr schade!

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    1. Grundsätzlich finde ich das Material schon ganz gut. Allerdings ist der Umfang im Vergleich zu Das Geheimnis des Drachenritters schon sehr stark reduziert, wobei einen die dicke Box sehr irritiert, wenn man die aufmacht und quasi nur der Boden gefüllt ist. Darauf gehe ich aber erst im zweiten Teil der Rezension ein.

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  2. Stimmt es, dass weiterhin keine Generierungsregeln enthalten sind? Das war für mich persönlich das einzige große Manko an der ansonsten sehr gelungenen Einsteigerbox.

    Ohne Generierungsregeln kann man die Box nicht wirklich dauerhaft als Spielgrundlage nehmen. Daher hatte ich sehr gehofft, dass das mit der Erweiterung nachgereicht wird.

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    1. Ja, da stimmt, Generierungsregeln sind nicht enthalten. Habe ich damals bei der ersten Box auch angesprochen, hier habe ich es ehrlich gesagt nicht mehr erwartet. Daraus ist das meiner Meinung nach schlichtweg nicht ausgerichtet. Es sei denn, man will wirklich dauerhaft eine Art „DSA-Light“ etablieren, dann wäre es ein absolutes Muss. Die Frage ist, ob man die Generierung auch so drastisch reduzieren kann, dass so etwas nicht abschreckend auf Einsteiger wünscht.

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