Vorbemerkung: Ein Crowdfunding bedingt bei DSA bisher eigentlich immer, dass der Produktumfang größer wird als bei einem regulären Erscheinen. Bei Die Gestade des Gottwals trifft dies in einem noch größeren Maße zu als bisher, vor allem wenn man einen Vergleich zu den normalen Regionalspielhilfen zieht. Zu vielen Bereichen sind offenkundig Texte entstanden, die keinen Platz mehr im Hauptband gefunden haben. Das Kompendium des Gottwals fasst dabei gleich drei kleinere Spielhilfen in einem Band zusammen. Aus meiner Sicht ist dabei einerseits spannend, welche Mehrwerte hier enthalten sind und umgekehrt, ob es sich wirklich eher um Erweiterungen handelt oder ob hier wichtige Inhalte beinhaltet sind, die dafür sorgen, dass die Informationen ungünstig auf mehrere Bände verteilt sind.
In Zahlen:
– 148 Seiten
– 3 Einzelspielhilfen
– Preis: 34,95 Euro
– Erschienen am 18.2. 2021
I. Inhalt
Sturmgeheul und Runenzauber
Hierbei handelt es sich mit 80 Seiten um die längste Spielhilfe innerhalb des Kompendiums, sind doch die Zusatzinhalte zu Thorwal enthalten, was ja im Vergleich zum Gjalskerland schon im Hauptband deutlich mehr Raum eingenommen hat. Zunächst erfolgen viele Regelerweiterungen, beginnend mit Regeln für Unterricht, also z.B. Lehrplänen für die Magierakademien. Folgend schließen sich Magiedilettanten als Sonderfertigkeiten an, wobei intuitive Zauberer und Meistertalentierte berücksichtigt werden, erweitert um Vor- und Nachteile und allgemeine Sonderfertigkeiten.
Das Bannschwert wird als Traditionsartefakt vorgestellt, dazu erhalten Magiebegabte weitere Zauberrunen, Zaubermelodien und Instrumentenzauber. Für die Sangara gibt es mit dem Trinkhorn ein sekundäres Traditionsartefakt nebst entsprechenden Zaubern. Dazu sind noch weitere Zaubererweiterungen und für Swafnir-Geweihte neue Liturgien und Zeremonien beinhaltet. Die Geweihten erhalten mit dem Walschild und dem Flukenamulett zwei Traditionsartefakte. Zuletzt wurden noch zwei Heilkräuter und Elementarwesen hinzugefügt.
Den Hauptteil des Bandes nehmen aber die Beschreibungen der beiden Magierakademien (Halle des Windes in Olport und Schule der Hellsicht in Thorwal) und der beiden Kriegerakademien (Ugdalfskronir in Thorwal und Kämpferschule der Trutzburg in Prem) ein. Jede Einrichtung erhält dabei einen umfangreichen Beschreibungstext von 10+ Seiten. Darin wird jeweils zunächst die Geschichte der Schule beschrieben und diese anschließend in Form eines Rundgangs geschildert (wobei auch immer eine Karte vorhanden ist). Dann wird das Leitungspersonal als NSC bereitgestellt (ohne Werte), worauf sich eine exemplarische Schilderung des Alltagslebens (z.B. mit typischen Zeiten für einzelne Tätigkeiten) anfügt. Zuletzt werden mit Szenarien und Geheimnissen Spielanregungen aufgeführt.
Geisterwalt und Knochenklippen
Mit knapp 30 Seiten deutlich kürzer ist das Erweiterungsheft zum Gjalskerland ausgefallen. Hier gibt es zunächst einige neue Vor- und Nachteile. Ein Fokus wird auf die Odun gelegt, wobei auf die einzelnen Tierarten eingegangen wird, sowohl in einer allgemeinen Beschreibung als auch mit der Nennung von typischen Vor- und Nachteilen sowie Zaubern. Genauso sind neue Animistenkräfte vorhanden sowie Waffenzauber für die Animistenwaffe. Mit der Krallenkette ist ein sekundäres Traditionsartefakt mit dazugehörigen Zaubern beinhaltet. Die Schamanen bekommen zudem zusätzliche Liturgien und Zeremonien sowie mit der Knochenkeule und dem Geisterfetisch Zeremonialgegenstände. Da Tierverwandlungen Teil der Charakterfähigkeiten sind, sind als eine Art Bestiarium 11 Tiere mit Wertekästen sowie fünf Elementarwesen enthalten. Ebenso wird in einer kurzen Spielhilfe die Abrichtung von Kriegsmammuts und Wollnashörnern ermöglicht, dazu gehören auch Tricks, die die Tiere beherrschen. Die Palenkelregeln werden um Zusatzregeln erweitert.
Glaube, Macht und Heldenmut
Das letzte Zusatzheft fokussiert sich auf knapp 30 Seiten auf einige weitere Zusatzregeln. Zunächst werden weitere Professionen mit den entsprechenden Wertepaketen bereitgestellt, dabei handelt es sich um die Skaldin, die Godi, den Thorwaler Krieger, den Premer Krieger, die Ottajasko-Rekkerin, die gildenlose Magierin der Halle des Windes, den Graumagier der Schule der Hellsicht, die reisende Sangara, den Runenschöpfer, den Tierkrieger des Hochlands, den Gjalskerschamanen des Hochlands und den wandernden Swafnirgeweihten. Für diese werden zudem neue allgemeine Sonderfertigkeiten, (erweiterte) Talentstilsonderfertigkeiten, (erweiterte) Kampf(stil)sonderfertigkeiten sowie neue magische Sonderfertigkeiten und Liturgiesonderfertigkieten zur Verfügung gestellt, ebenso gibt es neue Prägungen für Animisten, Gilden, Kirchen, Runenschöpfer und Zauberbarden.
II. Kritik
Ganz grundsätzlich muss man natürlich sagen, dass die vielen Zusatzhefte das Spiel in der Region und die Figuren um viele Möglichkeiten erweitern. Wer einen Spielercharakter aus der Region führt, hat jetzt deutlich mehr Variationsangebote, z.B. kann man Schamanen der Gjalsker mit neuen Traditionsartefakten ausstatten oder Runenzauberer haben nun eine viel größere Zauberauswahl zur Verfügung. Umgekehrt handelt es sich aus meiner Sicht im Regelfall wirklich eher um Erweiterungen, letztlich reicht auch der Kernband aus, um die Figuren der Region spielen zu können, es ist also nicht notwendig den Band zu besitzen.
Allerdings lässt sich trotzdem nicht von der Hand weisen, dass hier wieder einmal eine Verteilung von Regeln zu gleichen Inhalten auf unterschiedliche Bände stattfindet, nach wie vor sorgt das dafür, dass eine große Unübersichtlichkeit vorhanden ist und dass sich so die einzelnen Bände kaum als Nachschlagewerke eignen. Für Thorwal gilt dies somit natürlich in einem noch größeren Maße als für die vorherigen Regionalspielhilfen.
Meine Kritik an den Band hat aber vor allem einen anderen Schwerpunkt, der aber mit der Übersichtlichkeit verbunden ist: Selbst wenn man innerhalb des Kompendiums nur die Einzelhefte für sich nimmt, fehlt mir nach wie vor ein roter Faden. Im Endeffekt ist es ein buntes Sammelsurium von Einzelaspekten, die zudem in den Begrifflichkeiten oft unnötig kompliziert gehalten sind, wenn dort Kampfstilsonderfertigkeiten an erweitere Kampfsonderfertigkeiten, Liturgiesonderfertigkeiten etc. angefügt werden. Zudem ist mir nicht klar, warum es zwei Spezialbände gibt (jeweils für Thorwal und das Gjalskerland) und dann wiederum mit Glaube, Macht und Heldenmut einen, der Elemente für beide Regionen enthält, obwohl diese eigentlich gut mit dem Spezialband zu verbinden wären.
Nach wie vor sind auch eine hohe Anzahl an Doppelungen erkennbar, z.B. sind die Tricks für die Tiere zum Teil schon an anderer Stelle (Aventurische Tiergefährten) abgedruckt, gleiches gilt für die Werte für Tierwesen und Elementare. Stellenweise wird außerdem mit dem Platz etwas merkwürdig umgegangen. So enthalten beispielsweise die Professionsvorstellungen einen Wertekasten und eine Illustration, sonst ist noch sehr viel Platz auf den Seiten vorhanden.
Dabei verbirgt sich in Sturmgeheul und Runenzauber ein absolutes Highlight: Die Akademiebeschreibungen sind eine echte Bereicherung. Man erhält hier gleich vier direkt bespielbare Orte und viele NSC sowie passende Abenteueranregungen. Die Beschreibungen sind umfassend und es ist auch gutes Kartenmaterial enthalten. Wer AbsolventInnen dieser Einrichtungen spielt, braucht die Akademiebeschreibungen tatsächlich nicht, das stellt aus meiner Sicht tatsächlich eher Hintergrundmaterial für Abenteuer in Thorwal, Prem und Olport dar. Hier fällt mir allerdings auf, dass ich die Mysterien für die beiden Magierakademien reizvoller bzw. handfester finde als im Fall der beiden Kriegerakademien, wo die Anregungen weniger konkret sind und eher aus Andeutungen bestehen.
III. Fazit
Das Kompendium des Gottwals bietet jede Menge Erweiterungsmaterial zur Kernspielhilfe. Wer Charaktere aus der Region spielt, braucht den Band nicht unbedingt, kann diese damit aber weiter ausdifferenzieren. Das Highlight des Bandes sind eindeutig die guten Akademiebeschreibungen. Im Ganzen ist mir das Kompendium aber viel zu uneinheitlich als Sammelsurium von Themen angelegt, sogar untereinander sind die drei Einzelhefte zum Teil nicht sinnig unterteilt. Somit ist ein Nachschlagen weiterhin erschwert, zudem sind wieder einmal Doppelungen zu anderen Publikationen vorhanden.
Bewertung: 3 von 6 Punkten
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