Rezension: Aventurisches Nekromanthäum

Vorbemerkung: Nachdem hier im Blog zuletzt die Aufarbeitung der noch nicht rezensierten Bände aus dem abgelaufenen Jahr dominiert hat, sollen nun die ersten Neuerscheinungen für 2022 thematisiert werden. Einmal mehr handelt es sich dabei unter anderem um einen neuen Kreaturenband. Das Aventurische Nekromanthäum stellt – schon am Namen unschwer zu erkennen – eine der beliebtesten Gegnerkategorien im Fantasybereich in den Mittelpunkt, geht es doch um untote Wesen. Nachdem gerade die Kreaturenbände zuletzt sehr überzeugen konnten, habe ich auch an diesen natürlich eine gehobene Erwartungshaltung.

In Zahlen:

– 160 Seiten

– 4 Oberkategorien von Untoten

– Preis: 39,95 Euro

– Erschienen am 25.1. 2022

I. Aufbau und Inhalt

Wie immer beginnt der Band mit ein paar kurzen Aufbauerläuterungen. Dem schließen sich dann direkt die Kreaturenbeschreibungen an. Diese sind allerdings zunächst in 4 Oberkategorien unterteilt: lebende Leichen, Skelette, Mumien und Beseelte. Dabei fällt auf, dass diesmal häufig nicht mehr nur von einer Allgemeinkategorie gesprochen wird, sondern auch noch Unterarten differenziert werden. So fallen Zombies in den Bereich der Lebenden Leichen, da aber Orkenzombies oder Grolmenzombies Besonderheiten aufweisen, haben sie auch eine gesonderte Vorstellung erhalten. Gleiches gilt besonders für die Kategorien der Skelette (wo die gängigen humanoiden Fantasywesen wie Menschen, Elfen und Zwerge unterschieden werden, aber auch Tierskelette wie die von Pferden und Raben) und Mumien (z.B. gibt es hier Geier-, Maru- und Riesenmumien). Die Beseelten sind insofern anders, als dass es sich hier oft um weiterhin noch eigenständig agierende Wesen mit einem eigenen Willen handelt. Dazu wurden noch einige andere Wesen aufgenommen, die streng genommen nicht untot sind, sondern eher einer Transformation entsprechen, z.B. Ghule oder Yaq-Hai. Die einzelnen Wesen haben in der Regel eine Doppelseite erhalten, wobei die Einführung durch einen kurzen Ingame-Text erfolgt. Dem schließt sich eine Beschreibung an, die oft vom Allgemeinen (Entstehung des Wesens, Aussehen, Fähigkeiten) ins Spezielle übergeht, wenn dann beispielhaft besondere Vertreter dieser Wesen genannt werden (oft als Abenteueraufhänger angelegt). Dies wird natürlich um den konkreten Regelkasten mit allen relevanten Werten ergänzt. Alle Wesen haben außerdem eine Illustration erhalten. Diese Wesensbeschreibungen nehmen die ersten 100 Seiten des Bandes ein.

Das folgenden Kapitel Die Bedeutung der Nekromantie geht zunächst auf die Geschichte der Untotenerschaffung ein, von der frühesten Vergangenheit über das Wirken der Wudu, den Magierkriegen bis hin zu den jüngsten Erscheinungen, z.B. im Kontext von Borbarads Erben, etwa bei Rhazzazor und dem Nekromantenrat. Genauso wird auf das Handeln der Kirchen, Aberglaube und Sagen und entsprechende Fachliteratur referiert. Analog zu den Regionalspielhilfen werden namhafte Koryphäen der Nekromantie vorgestellt (8 von ihnen mit Porträt und Kurzbeschreibung, dazu noch einige weitere). Zu den acht zentralen Figuren sind noch zwei Seiten mit deren Mysterien hinzugefügt worden.

Das Aventurischen Animatorium hat erstmals ein Kapitel mit einem besonderen Abenteuerschauplatz eingeführt, der dazu dienen soll, die Wesen direkt einsetzen zu können. Während dort aber die Entscheidung auf eine ausführliche Abenteuerskizze fiel, sind es hier 5 Schauplätze, die jeweils auf einer Doppelseite skizziert werden. Dabei handelt es sich um eine Totenkaverne der Fjarninger, eine Nekropole im Lieblichen Feld, eine Alhanische Nuraghe, ein tulamidisches Felsengrab und das Tal des Nebelflusses, eine Knochengrube der Waldmenschen. Alle Schauplätze werden mit einem Ingame-Zitat eingeführt, dem sich dann die konkrete Geschichte des Ortes anschließt und meist ein direkter Abenteueraufhänger, z.B. soll ein sterbender Fjarninger in die Totenkaverne gebracht werden. Der Ort selbst wird folgend mit allem wichtigen Räumen geschildert, zudem gibt es immer eine Karte, meist auch eine Angabe, wie viele Abenteuerpunkte man erhält, wenn man die entsprechende Aufgabe vor Ort gelöst hat.

Das letzte Viertel nehmen dann die Regelaspekte ein. Hier wird zunächst auf die verschiedenen Möglichkeiten der Erschaffung von Untoten eingegangen, was ja durch unterschiedliche Zauber, Rituale oder karmales Wirken denkbar ist. Für Untote sind dann Angaben zur Loyalität und zu möglichen Aufträgen vorhanden, ergänzt um die Wesensfähigkeiten. Fokusregeln setzen sich mit weiteren Aspekten auseinander, z.B. der Kontrolle von mehreren Untoten gleichzeitig. Für eigene Untote gibt es Modifikationspakete, z.B. zum Todeszustand und der Größe. Der Anhang enthält zuletzt als Archetypen den heldenhaften Nekromant sowie da passende Zaubertricks, Zauber und Rituale und weitere Regeln, die zu dem Komplex gehören.                 

II. Kritik

Nimmt man das Gesamtthema, so handelt es sich innerhalb der Kreaturen um die wahrscheinlich relevanteste Gegnerkategorie (Chimären oder Golems sind seltener vorhanden, Dämonen werden aufgrund ihrer Machtkategorie oft nicht sonderlich inflationär eigenesetzt). Aufgrund ihrer meist etwas leichteren Kontrollierbarkeit sind Untote für den durchschnittlichen Schurken mit Magiebegabung oft die Handlanger der ersten Wahl und man trifft sie überproportional häufig in Abenteuern. Entsprechend wichtig ist es, in diesem Bereich einen guten und griffigen Kreaturenband zur Verfügung zu haben.

Und, das kann ich an dieser Stelle vorwegnehmen, dies gelingt dem Aventurischen Nekromanthäum auch. Die Beschreibungen sind gelungen, vor allem gefällt mir der weiterhin konsequent verfolgte Ansatz, immer mehr direkte Abenteueraufhänger einzubauen, hier in Form der besonderen Vertreter. Auf den ersten Blick könnte man den Eindruck einer gewissen Eintönigkeit erhalten, wenn plötzlich zig verschiedene Skelettarten vorgestellt werden. Aber diese Aufsplittung halte ich für durchaus sinnvoll, da die einzelnen Typen einer Oberkategorie immer unterschiedlich beschrieben werden und vor allem auf deren Eigenheiten eingegangen wird, also z.B. zu welchem Zweck sich ein Zwergenskelett aus Sicht der Beschwörenden situativ eher eignet als ein prototypisches Menschenskelett. So entstehen für mich im Prinzip völlig neue Gegnertypen, die ihren eigenen Reiz haben und somit kann man auch mehr Abwechslung erzeugen, wenn man anstatt der klassischen Variante, auf 4 Skelette zu treffen, plötzlich ein deutlich individuelleres Ensemble bestehend aus einem Elfen-, einem Zwergen- und zwei Menschenskeletten vor sich hat (quasi ein untotes Abbild einer Heldengruppe).

Manchmal sind die Kategorien etwas uneinheitlich (zumindest was den Bandfokus angeht), wenn auch Ghule und andere Wesen enthalten sind, die eigentlich gar keine Untote sind. Allerdings kann ich der im Text genannten Logik folgen, dass diese Wesen im weiteren Themenkomplex Ähnlichkeiten aufweisen und sich eigene Bände nicht lohnen würden. Einzig wirklicher Nachteil des Bandes ist aus meiner Sicht der Umstand, dass die Wesen eben oft sehr bekannte Gegner darstellen, weshalb sie zum Teil schon in vorherigen Bänden (z.B. den Bestiarien) beinhaltet waren, hier gibt es gefühlt ein paar mehr Doppelungen als vorher beim Transmutarium oder beim Animatorium, auch eine ganze Reihe der Illustrationen sind bereits zuvor in anderen Publikationen verwendet worden.

Neben den Wesen überzeugt aber vor allem wieder das Hintergrundkapitel mit der Geschichte der Nekromantie und den NSC, die wieder hervorragende Antagonisten (seltener auch Verbündete) abgeben, eine sinnvolle Neuerung ist es auch, diese jetzt im Stil der Regionalspielhilfen zu präsentieren, vor allem inklusive Mysterien-Zusätzen.

Gut gefallen mir auch die 5 Abenteuerschauplätze. Somit enthält der Band direkt spielbares Material, was zusätzlich sehr abwechslungsreich gewählt wurde, da die Schauplätze in jeweils völlig anderen Regionen verortet sind und auch meist andere Untotenarten beherbergen. Natürlich bedürfen diese immer noch einiger Zusatzarbeit für die Spielleitung (immerhin sind es nur Doppelseiten), aber die Ortsbeschreibung und vor allem die Karte ist immer schon vorhanden, dazu sind die konkreten Szenariovorschläge meist auch reizvoll.

Regelaspekte sind ja nicht mein Spezialgebiet, allerdings nehmen diese einen eher kleineren Bereich im Band ein und sind überwiegend sinnvoll gewählt. Wer einen NSC mit einem Hang zur Untotenerschaffung spielen will, findet hier die entsprechenden Erschaffungsregeln und Angaben, was bei der Kontrolle solcher Wesen alles berücksichtigt werden muss.

III. Fazit

Auch das Aventurische Nekromanthäum stellt wieder einen gelungenen Kreaturenband dar. Die Untoten sind eine höchst relevante Kreaturenkategorie, die hier sinnvoll in Unterkategorien unterteilt werden. Negativ fallen stellenweise wieder einige Doppelungen auf. Dafür sind die Hintergrundkapitel gelungen, gleiches gilt für die direkte Spielbarkeit, hier enthalten schon die Kreaturenbeschreibungen meist Abenteueraufhänger, zusätzlich gibt es gleich 5 ausgearbeitete Schauplätze.

Bewertung: 5 von 6 Punkten        

4 Kommentare

  1. Ja, der Band gefällt. Zu alhanischen Nuraghen und Ghulen hatte ich selbst schon vor zwei Jahren ein Szenario entworfen, freut mich insofern, dass dieses Thema aufgegriffen wurde.

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  2. Die Idee mit den zweiseitigen Abenteuerschauplätzen finde ich klasse. So hat man Abenteuermaterial, bleibt aber flexibel und kann das in eigene Kampagnen einbauen.

    Und die Rezension ist natürlich auch wieder gut, danke 🙂

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