Rezension: Spielkartenset Räuber und Gardisten

Vorbemerkung: Seit geraumer Zeit publiziert Ulisses auch Spielkartensets mit Meisterpersonen, die man dann verwenden kann, wenn man schnell eine solche Figur (oder mehrere) braucht, z.B. für eine Zufallsbegegnung. Nach Handel und Wandel und Mentoren und Lehrmeister geht es nun deutlich handfester zu, trägt das neueste Set doch den Titel Kampfbegegnungen Räuber und Gardisten. Für mich ist dabei vor allem wichtig, ob das Set wirklich Arbeit bei der Spielleitung abnimmt und wie vielseitig einsetzbar es ist.

In Zahlen:

– 55 Karten mit 48 Meisterfiguren

– Preis: 12,95 Euro

– erschienen am 30.3. 2022

I. Inhalt

Das Set besteht aus insgesamt 48 Meisterpersonen. Dabei sind immer 6 Personen zu einer thematischen Einheit verbunden. So gibt es als Gruppen Gardisten, Räuber (Land), Söldner, Ritter, Orks, Kultisten, Räuber (Stadt) und Shakagra. Jedes Set ist aus verschiedenen Figuren mit unterschiedlichen Erfahrungsgraden zusammengesetzt. Beispielsweise sind als Gardisten der ramponierte Büttel, die Patrouillenwache, der entschlossene Gardist, der loyale Leibwächter, die tugendhafte Kriegerin und der Gardehauptmann vorhanden. Letzteres ist typisch, für jede Gruppe existiert auch eine Figur, die merklich als Anführer gedacht ist.

Auf der Kartenvorderseite ist ein Ganzkörperporträt der Figur abgebildet, dazu als Informationen die bereits erwähnte Figurenbezeichnung (Namen haben die Figuren nicht), die thematische Zugehörigkeit, die Gegend, wo man diese Figur antreffen kann bzw. wo sie herkommt und der Erfahrungsgrad angegeben. Die Rückseite enthält dann alle Regelaspekte, also die Eigenschafts- und Kampfgrundwerte, Vor- und Nachteile, Sonderfertigkeiten, Talente, ggf. Zauber oder Liturgien, Kampfverhalten, Fluchtbedingungen etc.  

In der Zusammensetzung handelt es sich um 15 weibliche und 33 männliche Figuren. Zudem überwiegen die profanen Charaktere, nur 9 Figuren beherrschen Zauber oder Liturgien, wovon der Löwenanteil naturgemäß auf die Shakagra-Gruppe fällt.     

Zuletzt sind noch einige Karten vorhanden, die ergänzend zum Grundregelwerk zusätzliche Regelaspekte beinhalten, die für Figuren aus dem Deck notwendig sind, z.B. die Tradition der Shakagra oder Zauber wie der Schwarze Schrecken.

II. Kritik

Ganz grundsätzlich wirken die Set durchdacht, man hat unterschiedliche Figuren zur Verfügung, die man nach Belieben zusammenstellen kann, auf den ersten Blick ist zudem der Erfahrungsgrad erkennbar. Anders als die ersten beiden Sets liegt hier zudem sinnvollerweise ein anderer Schwerpunkt vor, indem es sich vom Gedanken her nicht um eine Einzelbegegnung handelt, sondern es darum geht, die Konfrontation mit einer Gruppe darzustellen. Dazu hat man immer eine Führungspersönlichkeit und eine Reihe von Untergebenen. Alle notwendigen Werte sind abgedruckt, so dass vor allem Kämpfe direkt durchgeführt werden können.

Auffällig ist, dass es sich fast ausschließlich um Figuren aus der Nordhälfte Aventuriens handelt. Bei den Orks und Shakagra ist das kulturell schon klar, aber auch die Gardisten und die Räuber sind dem Mittelreich zugeordnet. Die Räuber für die Städte und die Söldner sind zwar universeller einsetzbarer (laut Kartenangabe), aber auch sie sind von der Optik her eher im Norden verortet, einzig die Kultisten sind so gewandet, dass man sie auch gut im Süden verwenden könnte. Das irritiert mich zumindest insofern, als dass dies nirgendwo angegeben ist. Aus meiner Sicht müsste das in der Produktbeschreibung im Netz oder zumindest auf der kleinen Kartenbox stehen, um den Käufer*innen eine Orientierung zu geben. Persönlich hätte ich mir zudem eine etwas andere Zusammensetzung mit mehr weiblichen Charakteren gewünscht, weniger als ein Drittel erscheint mir nicht ausgewogen. Ein paar mehr Magiewirker wären ebenfalls sicher nicht verkehrt gewesen, allerdings passt eine überwiegende Mehrheit an profanen Figuren zum Schwerpunkt der Räuber und Gardisten.  

Außerdem wundert mich auch, dass der Ansatz im Vergleich zu den anderen Meisterpersonensets verändert wurde und die Figuren nur noch technisch in Form von Werten beschrieben werden und keine Individuen mit Namen und ein paar Hintergrundangaben sind. Auch das könnte bzw. sollte man besser kommunizieren. Natürlich ist der Einsatz als Kampfgegner legitim, so ist das Deck ja auch betitelt, aufgrund der vorherigen Kartendecks habe ich aber eine gewisse Individualisierung erwartet. So sind für mich gewisse Lücken vorhanden, wenn ich z.B. beim abgehängten Straßenräuber nicht weiß, wer oder was ihn denn abgehängt hat oder warum jemand mit Klugheit 10 als tumber Wegelagerer betitelt wird. Das fehlt für mich eindeutig, denn so hätte man nicht nur Gegner direkt zur Verfügung gehabt, sondern auch Charaktere. Natürlich kann man diese Hintergründe auch selbst entwickeln, dann aber erfüllen die Karten nicht mehr ganz ihren Ursprungszweck, Dinge direkt griffbereit zu haben, ohne selbst Detailarbeit leisten zu müssen.       

III. Fazit

Das Spielkartenset Räuber und Gardisten enthält die versprochenen Figuren für Kampfbegegnungen, auch in einer durchdachten Zusammensetzung von Charakteren unterschiedlicher Erfahrungsgrade und immer mit einer Anführerfigur, so dass sie gut als gegnerische Gruppe für Auseinandersetzungen verwendbar sind. Allerdings sollten bestimmte Aspekte im Vorfeld besser kommuniziert werden, z.B. dass im Vergleich zu den beiden vorherigen Decks mit dem Schwerpunkt Meisterfiguren keine Individualisierung mit Hintergrundinformationen vorgenommen wurde und dass die Figuren deutlich auf nordaventurische Verhältnisse angepasst wurden.    

2 Kommentare

  1. Ich gestehe, die fehlenden Hintergrundinformationen im Vergleich zu den beiden Vorgängern fehlen mir erst, seit du sie erwähnt hast. Aber ja, noch so zwei Sätze dazu wären echt hilfreich gewesen.

    Was mich aber wirklich aufregt, ist der verschenkte Platz auf diesen Karten. Nicht nur dass der absurd dicke, schwarze Rand stur beibehalten wurde. Ich weiß, man braucht da etwas Spielraum, weil der Drucker nicht exakt scheidet. Jetzt sitzen unter den Bildern auch noch vier Zeilen Text (inkl. der Leerzeile!), was die Illustrationen noch weiter schrumpfen lässt. Im Vergleich zu „Mentoren und Lehrmeister“ ist der Unterschied deutlich zu erkennen.

    Auf der Rückseite sieht der Text aufgrund des Rahmens noch gequetschter aus. Würde dieser nur 2mm schmaler rundherum und vielleicht weniger auslaufen, könnte man z.B. den Zeilenabstand erhöhen, was das ganze deutlich lesefreundlicher machen würde. Ganz, wie bei „Mentoren und Lehrmeister“.

    Ich kaufe die Sets wegen der Illustrationen. Zum einen, um sie hin und wieder am Spieltisch einzusetzen. Ein Bild sagt bekanntlich mehr als Worte. Hier unterbricht es aber zunehmend den Spielfluss, wenn die Karten immer länger und immer dichter vor die Nase gehalten werden müssen, um etwas zu erkennen. Zum anderen nutze ich sie, um mich inspirieren zu lassen z.B. von den Details der Rüstungen, den Waffen oder den Gesichtern. Die Shakagra-Kämpferin ist da ein absolutes Negativbeispiel für den generell dunklen Druck, der diese Details verschluckt.

    Ich persönlich könnte auch gut auf die zwei Fetten Zeilen Überschrift auf den Karten verzichten und das mit ins Kleingedruckte nehmen. Dadurch wäre z.B. der „Söldner aus der Rabenmark“ nicht auf diese Region beschränkt, wenn man am Tisch nur die Vorderseite offenbart. Bei vorherigen Sets habe ich auch schon mal den Namen darüber angeklebt, weil die Figur zwar super ins Abenteuer passte, aber der Name nicht.

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  2. Ich bin für mehr Helme auf Räuberköpfen. Oder Fellmützen, Lederkappen, Eisenhüte.
    Gehe nie bahren Hauptes in den Kampf, sagte schon meine Großmutter.

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