Rezension: Die Drachen von Wolldorf I – Regeln und Hintergrund

Vorbemerkung: Wie angekündigt möchte ich die Rezension der neuen DSK- Einsteigerbox Die Drachen von Wolldorf (nun mit Philipp Baas als federführendem Redakteur) aufteilen und die Regel- und Hintergrundanteile getrennt von den Abenteuern besprechen. In dieser Hinsicht muss ein solches Einsteigerprodukt sicherlich eine sehr anspruchsvolle Aufgabe erfüllen: Einerseits soll es sinnvoll reduzieren und damit die Einstiegshürde so niedrig wie möglich setzen, andererseits muss ein möglichst guter Einblick darauf gegeben werden, was die Spieler*innen erwartet, wenn sie sich langfristiger auf das System einlassen wollen. Konkret möchte ich in diesem ersten Teil der Rezension die beiden Hefte besprechen, mit denen Spieler*innen und Spielleitung erste Schritte ins Setting unternehmen sollen, dazu das Regelheft und Wolldorf, das Settigheft.

I. Inhalte

Lies mich zuerst

Konkreter kann man den Zweck eines Heftes kaum beschreiben, als mit dieser Aufforderung. Dahinter verbirgt sich ein vierseitiges Heft, das einen ersten Überblick verschaffen soll. Dabei wird man zunächst in einer Ingame-Perspektive von Nahema in ihrer Katzengestalt begrüßt. Folgend werden sehr basale Aspekte thematisiert, z.B. werden grundsätzliche Fragen geklärt, z.B. was ein Pen-and-Paper-Rollenspiel und was Aventurien ist, ebenso wird erläutert, was man unter einer erwachten Katze versteht. Zudem erfolgt eine kurze Aufgabenbeschreibung für Spielleitungen und die Spielenden. Außerdem wird ein Überblick über das Boxenmaterial gegeben, nebst einer Beschreibung, wie man damit umgehen soll.

Die ersten Tapser

Auch dieses Heft wird durch den Untertitel Lies mich als Zweites genau in eine Reihenfolge eingeordnet. Im Prinzip ist es als ein gemeinsames Vorleseheft sowohl für diejenigen, die folgend die Spielleitung übernehmen und diejenigen, die in die Rolle der Spielercharaktere schlüpfen, angedacht. Dabei soll gemäß Anweisungen das Heft zum Vorlesen immer wieder weitergereicht werden, beispielsweise übernimmt jemand, wenn sein/ihr Charakter eine Aufgabe übernimmt. Inhaltlich werden Erzählteile mit Infotexten verbunden.

Einerseits beginnt so die konkrete Handlung der Box, die später in die Abenteuer überleiten soll. Demzufolge startet für die Spielgruppe eine Reise von Havena nach Wolldorf, wo sie einen potentiellen Auftraggeber treffen sollen. Als Reisemittel dient der Karren eines menschlichen Händlers, der nach Wolldorf unterwegs ist. Natürlich verläuft diese Reise nicht gänzlich ereignislos. Also ergeben sich einige Ereignisse, die die Gruppe mit ihren ersten Aufgaben konfrontiert, die natürlich mit Regelerklärungen in Verbindung stehen. Nacheinander ergeben sich somit Situationen, in denen Proben notwendig werden. Dazu werden dann nach den Vorlesetexten die Mechanismen erläutert, wie man eine Fertigkeitsprobe ablegt oder wie man einen Kampf auswürfelt und wie eine anschließende Regeneration abläuft. Nach der Ankunft in Wolldorf stehen dann eher interaktive Aspekte des Rollenspiels im Vordergrund, indem man ersten Personen begegnet und in Dialoge eintreten soll. Für diese gibt es einerseits vorgefertigte Antworten auf denkbare Fragen, andererseits kann man diese auch schon frei ausspielen. Gleichermaßen lernt man schon die ersten Figuren der Kampagne und relevante Orte kennen, ebenso wird der Umgang mit Ausrüstung vorbereitet. 

Regelheft

Das mit 36 Seiten dickste Heft beinhaltet das grundsätzliche Regelgerüst. Aber auch hier ist der Einstieg wirklich sehr niedrigschwellig, indem zunächst die Würfelbezeichnungen erläutert werden. Die folgenden Regeln sind grundsätzlich die gleichen wie bei DSK allgemein, aber sie sind auf diejenigen Regeln reduziert, die man für das Spiel mit den Boxinhalten benötigt. Begonnen wird dabei mit den 8 Eigenschaften und einer Einordnung der entsprechenden Werte. Dem schließen sich die Fertigkeiten an, wobei zunächst Probemechanismen und Qualitätsstufen erläutert werden. Ebenso werden einige Vor- und Nachteile vorgestellt und einige wenige Sonderfertigkeiten.

Den zweiten großen Schwerpunkt nimmt dann der Kampf ein. Hier werden zunächst Grundbegriffe wie z.B. Kampfrunde geklärt, bevor sich auf konkrete Aspekte wie die Initiative bezogen wird. Folgend werden Nah- und Fernkampf thematisiert sowie der Umgang mit Rüstung und Belastung. Für die Folgen eines Kampfes werden dann Heilung und Tod angesprochen.

Magie wird in DSK von den Ahnenkindern ausgeübt, womit der Umgang mit Ahnengaben in den Fokus rückt. Neben den Mechanismen sind folgend die Ahnengaben beinhaltet, die für die Beispielcharaktere und die Abenteuer relevant sind.

Nach einigen Sonderregeln (z.B. zum Passierschlag) wird zuletzt auf die Ausrüstung eingegangen. Auch hier ist das Angebot reduziert, indem nur jeweils eine Handvoll Rüstungen, Nah- und Fernkampfwaffen, Schilde, Kleidungstücke und sonstiges in Form eines Einkaufbummels berücksichtigt wurden.

Wolldorf

Das kleine Settingheft ist zweigeteilt. Die erste Hälfte stellt den allgemeinen Hintergrund von Die Schwarze Katze vor. Dabei wird zunächst der Vorgang des Erwachens infolge des Sternenfalls erläutert. Bei den Katzenrassen ist wieder der Reduktionsgedanke vorherrschend, gibt es doch in Wolldorf nur Aranier, Firunsbärchen und Scheunenkatzen. Dann wird kurz auf die Ahnen und die Grundprinzipien, für die sie jeweils stehen, eingegangen. Auch das Alltagsleben nimmt hier etwas Raum ein, wozu Besitz und Handel, Handwerk, Kunst und Kultur, Essen und Vergnügungen gehören sowie der Umgang mit anderen, also Menschen und anderen erwachten wie nicht erwachten Tieren.

Der zweite Teil widmet sich konkret Wolldorf. Hier wird wie bei DSK bekannt auf eine Ingame-Form zurückgegriffen, indem Syptan Wollsammler die Leser*innen auf einen Rundgang durch das Dorf mitnimmt. Dabei stellt er die wichtigsten Örtlichkeiten und die Personen vor, wozu unter anderem als Gefahrenquelle auch die drei einzigen erwachten Hunde gehören sowie einige übersinnliche Phänomene. Eine Karte von Wolldorf ist im Heft abgedruckt, in der Box existiert diese aber auch noch einmal im größeren DinA3-Format.

Die Heldenbögen

Im Regelheft ist – wie schon beim DSA-Pendant Das Geheimnis des Drachenritters – die Generierung ausgelassen worden, als Spielercharakter hat man die Wahl zwischen fünf vorgefertigten Charaktere, dabei handelt es sich um die Straßenkämpferin Gadhera vom Schwertturm, das Zerzalkind Kieran Nachtgesicht, den Müllwühler Meroth aus dem Fass, das Nurtikind Nino Blütentasche und die Dachtänzerin Alanna Morgenstern. Für jede Figur ist ein fünfseitiger Heldenbogen vorhanden. Dieser besteht aus einem Charakterporträt sowie einer einseitigen Vorstellung des Hintergrunds. Dazu gibt es den mehrseitigen Charakterborgen, in dem die derzeitigen Werte eingetragen wurden (bzw. folgend eingetragen werden können, wenn diese sich ändern). Für alle Elemente finden sich kurze Erläuterungen, also z.B. was man unter Initiative oder Seelenkraft versteht, wie Probemechanismen funktionieren und wie Nah- und Fernkämpfe ablaufen. Ebenfalls zur Box gehören auch noch je zwei W6 und W20.

II. Kritik

Was zunächst auffällt, ist die klare Leseführung, die innerhalb der Boxelemente vorhanden ist, indem die ersten beide Schritte durch die Hinweise klar eingeleitet werden. Für erfahrenere Rollenspieler*innen mag das nicht notwendig sein, für jemanden, der gerade erst einsteigt, kann das aber sicher hilfreich sein, auch mit den sehr basalen Erläuterungen in allen Heften, die gängige Begriffe, Würfelmechanismen und auch Rollenspiel im Allgemeinen ein wenig erläutern.

Hier kann man erkennen, dass an sehr vielen Stellen großer Wert darauf gelegt wurde, Regelaspekte anschaulich zu vermitteln. Das geschieht immer wieder an Beispielen, vor allem im Regelheft (dort eher allgemein) und in Die ersten Tapser (dort anhand der konkreten fortgeführten Handlung). Gerade letzteres Heft stellt sicher die Besonderheit dieser Box im Vergleich zu Das Geheimnis des Drachenritters dar. Dort wurde eine andere Form der eingebetteten Regelvermittlung gewählt, indem die beinhalteten Charaktere jeweils ein Soloabenteuer erhielten, das in die Abenteuergeschichte einleitet (also hin zu den sich anschließenden Gruppenabenteuern). Hier handelt es sich nun um eine Art gemeinsames Vorleseheft. Aus meiner Sicht hat das Instrument im Vergleich zu Soloabenteuern Vor- und Nachteile. Praktisch ist sicherlich der Aspekt, dass man hier das Abenteuer gemeinsam beginnt und schon sehr konkret eingeführt wird. Regeln werden so in gleicher Form an alle Spieler*innen und auch die Spielleitung vermittelt. Nachteilig ist umgekehrt, dass somit weniger Interaktivität als in einem Soloabenteuer vorhanden ist, was den Handlungseinfluss angeht (das war allerdings auch bei Das Geheimnis des Drachenritters nur eher eingeschränkt möglich), in vielerlei Hinsicht wird wirklich einfach nur vorgelesen, wobei schon bei den Dialogen mehr Möglichkeiten vorhanden sind, wenn man diese freier führen will. Allerdings ist der Ansatz nur teilweise konsequent, da gerade am Ende auch klare Anteile vorhanden sind, die sich sehr eindeutig an eine Spielleitung richten und die schon sehr klar Elemente der folgenden Gruppenabenteuer vorwegnehmen. Soloabenteuer hätten zudem natürlich den Vorteil, dass sie mehr an der individuellen Geschichte eines Charakters feilen und dessen spezielle Art von Problemlösung besser aufzeigen können. In der Regelvermittlung halte ich den Ansatz trotzdem für gelungen und auch für noch anschaulicher als das reine Zurückgreifen auf ein Regelheft.

Besagtes Regelheft ist aus meiner Sicht absolut schlüssig erstellt, die reduzierten Regeln werden sehr eindeutig erläutert, die Reduktion auf die benötigten Elemente ist sinnvoll. Zudem kann man die Charaktere auch problemlos weiterführen, wenn man sich später für ein Weiterspielen mit dem ausführlichen Format von Die Schwarze Katze entscheidet. Gleiches gilt für Wolldorf. Im ersten Teil werden die grundsätzlichen Hintergründe zu den erwachten Katzen vorgestellt, wozu wirklich nur Grundzüge wie das Phänomen des Erwachens, der Ahnenverehrung und allgemeine Anmerkungen zum Alltag notwendig sind. Ebenso wird Wolldorf als Ort berücksichtigt. Hier muss ich nach wie vor unterstreichen, dass ich den Stil in Form einer Ingame-Beschreibung (immer wieder ergänzt durch allgemeine Informationen) für ausgesprochen gelungen halte, so werden Orte und Figuren deutlich lebendiger und die Texte lesen sich auch weniger trocken. Unterstützt wird dies noch durch die Karte, die eindeutig die Katzensicht verdeutlicht. Allerdings muss man hier umgekehrt auch anmerken, dass Wolldorf wirklich ein sehr überschaubares Setting ist. Es gibt lediglich eine Handvoll Orte und NSC, als Fundgrube dürfte sich dies relativ schnell erschöpfen, während in Havena oder Fasar ja quasi eine Art Endlosspiel möglich ist. Das ist für ein Einsteigerprodukt aber grundsätzlich nicht tragisch, hier kann nur in einem gewissen Rahmen Hintergrund geboten werden.

III. Fazit

Im Bereich von Regeln und Hintergrund erfüllt die Box den Einsteigeranspruch absolut, beides wird in reduzierter Form vorgestellt. Gerade Regeln sind zudem in sehr konkrete Situationen eingebettet, auch wenn ich Soloabenteuer als zusätzliches Element durchaus begrüßt hätte. Wolldorf ist ein überschaubares Setting, das anschaulich ausgeführt wird, allerdings beinhaltet der Schauplatz selbst nur begrenztes Abenteuerpotential.   

Bewertung: Eine abschließende Bewertung erfolgt nach der folgenden Besprechung der Abenteuer.

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