Rezension: Jenseits des Wasserfalls

Vorbemerkung: Donnerbach und die Salamandersteine sind ja für Die Schwarze Katze explizit als ein Kontrast-Setting zu den urbanen Havena und Fasar ausgewählt worden, indem gerade die Salamandersteine eine völlig andere Umgebung darstellen, die den Erwachten andere Fähigkeiten abverlangt. Jenseits des Wasserfalls von Steffen und Ralf Lechner allerdings soll hier nochmal eine andere Dimension hinzufügen, indem nun die lebensfeindlichere Umgebung beschrieben wird, findet sich dort doch auch das Nebelmoor, das schon bei den ungleich größeren humanoiden Aventuriern gefürchtet ist und aus dem viele nicht mehr zurückgekehrt sind.

In Zahlen:

– 48 Seiten

– Preis: 17,95 Euro

– erschienen am 28.7. 2023

I. Aufbau und Inhalt

Wie bei den anderen DSK-Bänden ist für die Setting-Vorstellung eine Ingame-Perspektive gewählt worden. Dabei wird man von dem sumpferfahrenen Olidir Verschlingertod auf eine Rundreise durch das Nebenmoor mitgenommen. Auffällig sind dabei die häufigen Warnungen, es gibt signifikant viele Orte, an denen man sich in akute Gefahr begeben kann, auch bedingt durch eine vergleichsweise hohe Anzahl an Wesen, die für die Erwachten eine direkte Bedrohung darstellen. Illustriert wird dies durch eine skizzenhafte Karte, die allerdings bewusst nicht durch geografische Korrektheit besticht. Genauso ist die Führung nicht an Exaktheit bzw. Gründlichkeit gebunden, sondern eher anekdotisch, indem immer wieder neue Orte und Personen exemplarisch vorgestellt werden. Als besonders gefährlich werden die Fellbeiner (die Erwachten-Bezeichnung für Orks) und deren Kriegshunde, die sogenannten Dumpfmäuler beschrieben. Genauso wird aber auch auf Anreize eingegangen, warum man sich trotzdem aus der deutlich sichereren Umgebung von Donnerbach und den Salamandersteinen in das Nebelmoor wagen sollte: Es gibt dort Ressourcen, die einen hohen Wert haben und mit denen man z.B. Handel betreiben kann oder sich persönliche Vorteile verschaffen kann. Dazu gehören unter anderem Trüffel, die man entweder selbst suchen oder bei einem illustren Rotpüschel namens Hubertus erhalten kann, das allerdings als ausgesprochen exzentrisch gilt. Noch rätselhafter wird es bei der Großen Perle, die sich in einem alten Steingemäuer-Komplex verbirgt und wo man auch den einzigen halbwegs sicheren Zugang zu Belans Insel findet, also inmitten des Neunaugensees gelangen kann.

Bei den Regelerweiterungen sind deshalb auch viele kleine nützliche Artefakte beinhaltet, die man eben dort erhalten kann. Ebenso sind dort zusätzliche Wesen im Rahmen eines kleinen Bestiariums aufgeführt (die Monsterhorde, das Dumpfmaul, die Fellbeiner, der Stelzenvogel, das Stinketier und die Wasserspinne). Hier sind die Beutetiere eindeutig in der Minderheit, von den meisten Kreaturen geht im Gegenteil tödliche Gefahr für Erwachte aus. Als neue Professionen werden der Großwildjäger und der Schatzsucher eingeführt.

Den Abschluss stellt das Kapitel Geheimnisse jenseits des Wasserfalls dar. Hier werden die Gegebenheiten, die zuvor weitgehend aus der Ingame-Perspektive geschildert werden, quasi für die Spielleitung „übersetzt“ und konkretisiert, also z.B., um was es sich bei der Großen Perle genau handelt oder was die individuellen Hintergrundgeschichten der NSC sind, die zuvor vorgestellt wurden.

II. Kritik

Eben dieses Kapitel hat nach meiner Auffassung auch eine besondere Relevanz: Tatsächlich haben es die beiden Autoren aus meiner Sicht anfangs mit der Ingame-Perspektive etwas übertrieben, Olidirs Schilderungen sind stellenweise doch arg verklausuliert und bedürfen an zusätzlichen Kontexten, um verständlich zu werden. Das gilt insbesondere für die vielen NSC oder wenn Bäume oder Sträucher plötzlich Namen zu haben scheinen und wie lebende Wesen beschrieben werden.

Tatsächlich verbirgt sich (meist eben mithilfe der Erläuterungen verständlich) dahinter aber ein ausgesprochen reizvoller Schauplatz: Das Nebelmoor ist voll an großen und kleinen Abenteuern. Besonders bemerkenswert ist dabei eine ehemalige Magierakademie, die aus der Perspektive von Erwachten ein ausgesprochen kurioser Ort sein muss, da sie mit ihrem Erfahrungshorizont viele Zusammenhänge auf Anhieb gar nicht verstehen können. Somit ergeben sich einige Begegnungen mit sehr ungewöhnlichen NSC, die normalerweise von Humanoiden als bedrohlich angesehen werden würden, hier aber eher etwas Funktionales erhalten, da die Magierakademie von den Erwachten nur als ein nützlicher Übergang zu Belans Insel angesehen wird. In diesem Kontext erhält sogar ein mächtiges (und vor allem extrem seltenes) Artefakt wie ein Schwarzes Auge einen eher nebensächlichen Status. Und auf Belans Insel wartet dann sogar eine Begegnung mit einer ikonischen DSA-Persönlichkeit, die allerdings für die Erwachten nicht mehr als ein merkwürdiger alter Mann ist. Solche Details halte ich für ausgesprochen gelungen und sie werten das Gesamtsetting für mich auch auf, indem sie immer wieder einen humorigen Unterton einfügen. Zusätzlich gilt hier das gleiche wie für den Hauptband: Das Mysterienkapitel verliert sich nicht in Nebensächlichkeiten, sondern ist sehr konkret gehalten und offenbart die relevanten Hintergründe, die für eine Spielleitung unerlässlich sind.

Daneben bieten sich auch viele Herausforderungen, indem z.B. beschrieben wird, mit welchen Vorsichtmaßnahmen man den Orks entgehen kann oder wie man Verhandlungen über die wertvollen Trüffel angehen kann. Die angeführten Artefakte stellen zudem einen weiteren Reiz dar, sich den Gefahren des Nebelmoors zu stellen. Die Ingame-Beschreibung sorgt außerdem für eine klare atmosphärische Dichte, indem ja vornehmlich eine Erzählform gewählt wurde, was zu einem nebelverhangenen Moor mit unheimlichen Kreaturen natürlich gut passt. Umgekehrt kann man – selbstverständlich mit einigem Überarbeitungsaufwand – vieles aus dem Band direkt verwenden, um eigene Spielercharaktere durch das Moor und bis auf den Neunaugensee zu manövrieren. Das ist natürlich an einigen Stellen ein endlicher Prozess, immerhin handelt es sich um ein Heft mit einer begrenzten Seitenzahl, gerade das NSC-Geflecht ist aber so angelegt, dass man es dauerhafter verwenden kann, z.B. wenn man sich auf den Trüffelhandel Richtung Donnerbach spezialisiert hat oder wenn man auf der Suche nach den Artefakten der Akademie ist. Durch die vielen Geisterwesen und die Vorstellung der Orks als Gegner hat der Band außerdem einen hohen Fantasyanteil, was die etwas konventionelleren Stadtbeschreibungen in dieser Häufung so nicht bieten können.

III. Fazit

Jenseits des Wasserfalls ist ein gelungenes Erweiterungsheft, das Schleichender Verfall mit dem Nebelmoor um einen gleichermaßen atmosphärischen wie auch gefährlichen Schauplatz erweitert. Die Ingame-Perspektive ist anfangs etwas verwirrend, dafür schlüsseln die Mysterien die Hintergründe gut auf und bietet somit massig zusätzliches Spielmaterial für die Umgebung Donnerbachs.

Bewertung: 5 von 6 Punkten           

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