Rezension: Die Quelle des Nagrach (Überarbeitung)

Vorbemerkung: Das DSA5- Grundregelwerk hatte ja eine längere Vorlaufzeit, die unter anderem mit einer Testphase und einem Betaregelwerk ausgefüllt wurde. Begleitet wurde dies von gleich drei Abenteuern, mit denen unterschiedliche Regelbereiche einer genauen Prüfung unterzogen werden sollten. Eines dieser Abenteuer war 2014 „Die Quelle des Nagrach“, das unter anderem die Kampffähigkeiten auf die Probe stellen sollte. Schon damals wurde angekündigt, dass es zu einem späteren Zeitpunkt eine überarbeitete Version geben sollte. Diese liegt nun vor und bedingt somit auch eine etwas andere Form der Rezension. Immerhin bestand hier die nicht alltägliche Möglichkeit für den Verlag und den Autor Rafael Knop, sich Rückmeldungen einzuholen. Folglich liegt mein Bewertungsschwerpunkt vor allem auf der Frage, inwieweit das Abenteuer sich im Vergleich zu seiner ursprünglichen Fassung verändert bzw. erweitert hat.

In Zahlen:

– 64 Seiten

– Preis: 14,95 Euro

– erschienen am 1.3. 2017

I. Aufbau und Inhalt

Vom Grundsatz her ist das Abenteuer in seinem Aufbau gleich geblieben und gliedert sich in vier Hauptabschnitte. „Die Quelle des Nagrach“ beginnt eher unspektakulär, indem die Helden sich auf die Suche nach einigen verschwundenen Bewohnern des bornischen Dorfes Silling begeben und dort klassischerweise zunächst eine Räuberbande als Urheber der Probleme verdächtigen, was sich jedoch nur teilweise als richtig herausstellt. Vielmehr entdecken sie in einem verlassenen Turm inmitten des Sumpfes, der Silling umgibt, dass die Entführten Teil eines unheiligen Rituals wurden, das offenbar ein größeres Übel freigesetzt hat, welches eng mit der Vergangenheit der ganzen Region verbunden ist. Tatsächlich erhalten die Helden über das gesamte Abenteuer verteilt immer wieder Visionen, die ihnen unterschiedliche Einblicke in die Vergangenheit bzw. die Parallelgeschehen gewähren.

Aufschluss über die Hintergründe erhoffen die Helden sich durch einen Besuch des Klosters Urischar, nur um dort feststellen zu müssen, dass ihre Gegner dort schon gewesen sind. Somit gilt es, das in Flammen stehende Kloster zu retten, um dort in Erfahrung zu bringen, wer genau hinter den Geschehnissen steckt. Zu ihrer Überraschung müssen sie feststellen, dass eine lange totgeglaubte Schurkin ihren Weg zurück nach Dere gefunden hat und nun einen alten Plan wieder aufnehmen möchte, der ihr die Kontrolle über das gesamte Bornland einbringen soll.

Sich an ihre Fersen heftend, folgen die Spielercharaktere nun zunehmend einer Spur der Verheerung, da die Antagonistin mittlerweile Gefolge um sich geschart hat. Zudem müssen sie erkennen, dass eine weitere, feindlich gesonnene Partei ebenfalls beschlossenen hat, sich am Geschehen zu beteiligen, wobei sich als Ziel die titelgebende Quelle des Flusses Nagrach herauskristallisiert.

Dort findet auch das Finale statt, in dem sich die drei Parteien gegenüberstehen. An dieser Stelle hat der Autor gleich vier unterschiedliche Varianten entworfen, die sich teils sehr unterschiedlich gestalten, vom brachialen Frontalangriff bis hin zum sprichwörtlichen Pakt mit dem Teufel sind mehrere Spielarten denkbar.

II. Figuren

Im Prinzip gibt es drei Personengruppen, mit denen die Helden im Verlauf des Abenteuers besonders interagieren, gestaffelt nach dem Handlungsverlauf. Zu Beginn sind es vor allem die Bewohner von Silling, die ein typisch bornisches Provinznest mit all seinen denkbaren Facetten mit Leben erfüllen, z.B. den Unterschied zwischen Freien und Unfreien unterstreichen, obwohl Baron Aljeff von Silling ein gemäßigter Bronnjar ist. Im Kontrast dazu steht die (hier allerdings gestörte) Aura der Gelehrsamkeit des Klosters Urischar, wobei die Ordensleute um den Hohen Lehrmeister Bormund deutlich verschlossener agieren.

Erst relativ spät stehen die Helden ihren Antagonisten gegenüber: Der besondere Reiz dieses Abenteuers ergibt sich dadurch, dass die Hexe Jadminka und Gloranas Gefolgsmann Belshorian in direkter Konkurrenz zueinander stehen und die Möglichkeit besteht, temporäre Bündnisse mit einem der beiden einzugehen. Bei Jadminka existiert zudem der Umstand, dass sie den Körper einer Unschuldigen übernommen hat, was ein moralisches Dilemma erzeugt, wenn man sie nicht einfach zur Strecke bringen will, sondern eventuell eine Rettung anstrebt.

III. Kritik

In vielen Bereichen kann ich mich meinem Fazit bei der Erstbetrachtung der Betaversion von „Die Quelle des Nagrach“ erneut anschließen: Das Abenteuer verbindet sehr schön eine bodenständig beginnende Handlung inklusive bornischem Provinzflair mit einer sich zunehmend verschärfenden Dramatik, hinter der sich immerhin ein ernstzunehmender finsterer Masterplan verbirgt, um in der Region eine dauerhafte Bedrohung entstehen zu lassen. Gerade das Endgefecht dürfte den Helden einiges abverlangen. Letzteres zeichnet sich zudem durch eine gut durchdachte Ausgestaltung aus, in der die unterschiedlichen Finalversionen auf die Fähigkeiten der Spielercharaktere zugeschnitten werden können, was dem Spielleiter sehr flexibles Agieren ermöglicht.

Positiv fällt dabei auch auf, dass die Überarbeitung einen zentralen Kritikpunkt aufnimmt, der auch von mir angebracht wurde: Die Betaversion sah keinerlei Möglichkeit vor, die unschuldige Nadjescha zu retten. Zwar ist eine solche Rettung angesichts des damit verbundenen Risikos sicher keine Zwangsläufigkeit, trotzdem halte ich es für nicht ganz unwahrscheinlich, dass die eine oder andere Heldengruppe ein entsprechendes Bedürfnis hat, zumindest den Versuch zu unternehmen. Genau diese zusätzliche Variante existiert jetzt, wobei es sich nicht einfach um eine weitere Finaloption handelt, sondern es als durchgehendes Handlungselement eingeführt wird. In jedem Akt können die Helden weitere Informationen über ein Austreibungsritual gewinnen, mittels dessen sie den Wirtskörper von Jadminkas schadhaftem Einfluss befreien können. Allerdings wird dies als anspruchsvolle Aufgabe gestaltet, selbst mit allen Erkenntnissen in der Hand ist es immer noch ungewiss, ob eine solche Erlösung tatsächlich gelingen wird. In diesem Punkt finde ich den Umgang mit Kritik absolut lobenswert.

Tatschlich ist dies aber die einzige wesentliche Änderung im Vergleich zur Betaversion, sieht man von kleineren Zusatzinformationen und natürlich der Werte- und Regelanpassung ab. Hier hätte ich mir nach der damaligen Ankündigung einer erneuten Veröffentlichung der Betaabenteuer noch etwas mehr an Erweiterungen erhofft. Ein Beispiel dafür wäre der Plan Jadminkas: Schon bei der Erstveröffentlichung ist ihr genaues Vorhaben etwas diffus geblieben, wie sie mit den Gefangenen als Opfer und dem durchzuführenden Ritual Nagrach zu einem gewaltigen Machtzuwachs verhelfen will. Hier wären Präzisierungen durchaus wünschenswert gewesen, ebenso hätte man auch der Frage nachgehen können, warum ein Versuch Belshorians ausbleibt, Jadminka für Gloranas Sache zu gewinnen. Wenn man also wie ich die Betaversion bereits besitzt, hält sich der Mehrwert meiner Auffassung nach in Grenzen. Für alle anderen gilt natürlich, dass man hier ein gutes Abenteuer erhält.

IV. Fazit

„Die Quelle des Nagrach“ bietet eine spannende Handlung mit einem sehr kampflastigen und variantenreichen Finale, wobei gerade der letzte Teil des Abenteuers sehr variabel gehalten ist. Positiv ist vor allem die Erweiterung um eine Rettungsoption für die unschuldige Nadjescha zu nennen. Allerdings handelt es sich im Vergleich zur ursprünglichen Version nur um sehr wenige Änderungen, so dass ich bei der gleichen Wertung bleibe.

Bewertung: 4 von 6 Punkten (hier zum Vergleich die Rezension von 2014)

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