Rezension: Aventurisches Bestiarium II

Vorbemerkung: Nach wie vor gilt, dass eine Fantasywelt Tiefe unter anderem durch eine gewisse Vielfalt im Erscheinungsbild erhält. Für Aventurien wird dies natürlich einerseits durch die Regionen erreicht, andererseits durch die sie bewohnenden Völker. Eine nichts zu unterschätzende Komponente sind dabei aber auch die sonstigen Wesen, die die Spielwelt beinhaltet, welche natürlich recht häufig ein Hindernis oder eine Herausforderung für Helden darstellen können. DSA5 geht dabei den Weg einer exemplarischen Vorstellung, womit in gewisser Regelmäßigkeit neue Kreaturenbände erscheinen, aktuell handelt es sich um die zweite Variante: Aventurisches Bestiarium II.

In Zahlen:

– 128 Seiten

– 42 Ungeheuer

– 20 Kreaturen

– Preis: 27,95 Euro

– Erschienen am 20.12.2017

I. Aufbau und Inhalt

Wie schon im Fall des Vorgängerbandes ist auch das zweite Bestiarium dominiert durch die beiden Hauptkapitel „Ungeheuer“ und „Tiere“. Zwar wird keine klare Trenndefinition geliefert, letztlich handelt es sich aber bei Ungeheuern vor allem um „echte“ Fantasywesen, von großen Kreaturen bis hin zu kulturschaffenden Wesen. Tiere sind eher solche Lebewesen, die zumeist auch eine reale irdische Entsprechung haben, oft aber mit einer aventurisierten Komponente versehen, z.B. der Schattenlöwe, der sich in seiner schwarzen/blaugrauen Fellfarbe von seiner irdischen Variante merklich unterscheidet. Zusätzlich gibt es noch einen 11seitigen Anhang, der vor allem solche Regeln beinhaltet, die ein Spielleiter zur Verwendung der Kreaturen und ihrer Fähigkeiten benötigt, z.B. werden hier die Lebensbedingungen für einen Vampir erläutert.

Die insgesamt 42 Ungeheuer dieses Bandes erhalten dabei den meisten Raum zugestanden, nämlich jeweils eine Doppelseite. Dabei dient zunächst ein kurzer Ingame-Text als Einleitung, woraufhin sich zunächst allgemeine Anmerkungen anfügen, z.B. eine äußerliche Beschreibung. Dem schließen sich Passagen zur Verbreitung und der Lebensweise an. Zudem verfügt jedes Ungeheuer über einen ausführlichen Wertekasten und eine Illustration. Die jeweiligen Artikel unterscheiden sich dabei inhaltlich je nach Art des Wesens: Bei kulturschaffenden Wesen wird auf die Geschichte des Volkes eingegangen, bei Dämonen auf die Bedingungen, die an den Beschwörer gestellt werden und die Art der Dienstbarkeit, bei Chimären auf den Ursprung und die Möglichkeit von Reproduktion.

Die 20 Tiere werden deutlich kürzer vorgestellt, was jeweils im Rahmen einer Seite geschieht. Hierbei erfolgt lediglich ein allgemeiner Beschreibungstext, der meist auf die aventurischen Eigenheiten der Tierart eingeht. Auch hier existieren ein Wertekasten und eine Illustration.

II. Kritik

Ein erstes Lob gebührt erneut den Illustratoren: Wie schon im ersten Bestiarium zahlt sich hier die Idee aus, jeder Kreatur eine vollfarbige Illustration zu spendieren, gerade bei Wesen wie Dämonen oder Chimären halte ich die eine solche bildliche Darstellung für ausgesprochen sinnvoll, gerade wenn keine irdischen Entsprechungen existieren.

Ohnehin ist die generelle Gestaltung absolut sinnig, die Texte sind informativ (wobei mein Highlight der schöne Holberker-Text ist) und beleuchten das jeweilige Wesen so, dass ein Spielleiter damit arbeiten kann. Genauso halte ich es für absolut richtig, Tieren mit irdischer Entsprechung deutlich weniger Raum zuzugestehen, da hier im Regelfall Alltagswissen schon vorhanden sein dürfte. Schön finde ich auch den Ansatz, dass z.B. mit dem Riesenskorpion auch eine neue Kreatur vorhanden ist, die erst durch den Sternenfall (wieder) aufgetaucht ist. Solche Beiträge zur Weitentwicklung würde ich mir sogar noch in deutlich größerer Anzahl wünschen.

Aber meine Kritik setzt eben an einem völlig anderen Punkt an: dem Konzept. Was ich weiterhin suche ist ein irgendwie geartetes Ordnungskonzept. Meine erste Wahl wäre natürlich grundsätzlich ein richtig dicker Band mit möglichst umfassender Darstellung der Vielfalt der Kreaturenwelt Aventuriens gewesen. Letztlich ist mir klar, dass das – gerade zum Erscheinungszeitpunkt des ersten Bestiariums – kaum möglich war. Das Dilemma der Macher ist es, ein Spagat zwischen dem Machbaren und dem Erwünschten zu erreichen. Ein vollständiger Band war damals kaum leistbar, deshalb musste man sich für eine Teillösung entscheiden, um den Spielern schonmal einen Grundstock an Kreaturen zu bieten. Problematisch aber schon damals: Mir ist kaum ersichtlich, unter welchen Gesichtspunkten da ausgewählt wurde. Hier sieht es nun ähnlich aus: Auch das zweite Bestiarium beinhaltet eine bunte Mischung, ein paar Dämonen, ein paar Chimären, Drachenwesen, Meeresbewohner etc. Für jeden Einzelfall durchaus gelungen, in der Gesamtheit drängt sich aber ein gewisser Eindruck der Beliebigkeit auf.

Hier hätte ich mir eher themenbezogene Bände gewünscht, sei es nach Art der Verbreitung (z.B. „Kreaturen Nordaventuriens“ usw.) oder einem anderen Schwerpunkt (z.B. ein Band „Dämonen und Untote“, „Drachen und Echsen“, „Meereskreaturen“ etc.). So sind die Bestiarien letztlich für den Spieltisch als Nachschlagewerke eher untauglich, müsste man ja jedes Mal eine Handvoll Bände auf den Spieltisch legen (ich bin mir sicher, dass in den kommenden Jahren weitere Bände folgen werden) und dann überlegen, in welchem Band noch gleich der Taschendrache war. Somit sind sie allerhöchstens für die Spielvorbereitung nutzbar, wenn man mit Ruhe nachschauen kann, für reine Wertefragen recht ja das Regelwiki aus. Nebenbei ist damit auch die alphabetische Ordnung wenig hilfreich, wenn der Knackpunkt eher ist, in welchem Band ich die Kreatur finde. Somit habe ich dann einen Band, den ich zwar lesenswert und informativ finde und der mir bei bestimmten Kreaturen auch besser hilft, mir das entsprechende Wesen besser vorzustellen, der aber für den Spielalltag kaum geeignet ist.

Etwas schwierig ist zudem die Gesamtzahl nach zwei Bänden: Addiert kommt man auf eine Zahl von 82 Ungeheuern und 48 Tieren. Nimmt man die gesamte Spielwelt, ist das eine eher kleine Zahl. Das liegt sicher auch an der sehr üppigen Präsentationsform mit einer Doppelseite für die Ungeheuer. Einerseits sehe ich hier auch den Vorteil einer genauen Darstellung, andererseits verhindert dies eine breitere Palette (ich vermute mal, dass noch dickere Bände den Preis angesichts der Vollfarbigkeit in schwer zu vermittelnde Dimensionen heben würden, so dass diese keine Option darstellen). Allerdings wirft dies eben die Frage auf, wie viele Bestiarien am Ende dieser 5. Edition im Regal stehen werden? Hier würde ich mir für die zukünftigen Varianten schon wünschen, ob man nicht zumindest über einen thematischer orientierten Zugriff nachdenken könnte. Mir hätte eben grundsätzlich eher als erste Publikation ein Basisband mit den gängigsten Kreaturen vorgeschwebt und folgend Themenbände. Dann würde eine kleinere Kreaturenzahl auch weniger ins Gewicht fallen, wenn man zumindest im gewählten Teilbereich alle wichtigen Wesen vorliegen hätte.

III. Fazit

Das Aventurische Bestiarium gleich in seinem Eindruck exakt dem Vorgänger: Der Band ist gut gestaltet und an den Texten und den schönen Illustrationen habe ich kaum etwas auszusetzen (wobei ich ausdrücklich der Falsche dafür bin, Fehler z.B. in den Wertekästen zu entdecken). Nur fehlt mir weiterhin ein Ordnungsprinzip, das dafür sorgen würde, dass der Band auch am Spieltisch nützlicher sein könnte.

Bewertung: 3 von 6 Punkten

8 Kommentare

  1. Ich schätze ja, dass es nach den fünf bis sieben Bestiariums-Bänden am Ende nochmal einen 400-Seiter gibt, in dem dann alles in etwas kleiner drin ist – für etwa 60 Euro und natürlich nur, weil doch alle Spieler sich gewünscht hatten, dass es ein komplettes Nachschlagewerk gibt. Selbiges wahrscheinlich auch dann für die Ausrüstungss-, Magiebände und so weiter. #notmyDSA.

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  2. Ich finde die Einteilung persönlich gar nicht so schlimm. Letztlich wäre es auch nicht sinnvoll gewesen, nur einen Band mit Waldmonstern herauszubringen, weil da wieder die Varianz fehlt. Den Ansatz, Viecher zu nehmen, die klassischerweise in Abenteuern auftauchen und die dann zu durchmischen, finde ich besser.

    Das Argument mit der Übersicht kann ich aber nachvollziehen, die geht dann leider sehr schnell flöten. Ein Gesamtindex ist da wohl nötig.

    Wenn ich aber an die Zeit von Zoo-Botanica („Eber, Enten, Einbeeren“) zurückdenke, dann doch lieber so wie jetzt. Die war immer so abgeschlossen und auch wenig relevant für den Spieltisch.

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  3. Hm in der Kritik geht es in so 11 Zielen um den Inhalt und in in 38 Zeilen darum das dem Autor die Organisation des Buches persönlich nicht gefällt. Ehrlich gesagt eine wenig hiflreiche Rezension. Eine Rezension sollte sich mit dem Inhalt des Buches beschäftigen und nicht damit das kritisiert wird das es organisatorisch ähnlich wie ein typisches D&D Monster Manual aufgebaut ist.

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    1. Also ich halte ehrlich gesagt nichts davon, irgendwem zu erklären, wie eine Rezension sein sollte. Es ist etwas Subjektives, ich habe eben so meinen Schwerpunkt gesetzt. Dass du dir etwas anderes erwünscht hast, tut mir leid, kann ich aber nicht ändern. Hier kannst du nur meine Sicht mit meinen Schwerpunkten lesen.

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  4. Versehen mich nicht falsch. Meine zugegebener weise etwas schnell hingeschriebener Kommentar soll dir selbstverständlich nicht vorschreiben wie du deine Reviews schreiben sollst. So vermessen will ich nicht sein daher entschuldige ich mich wenn es so rüber gekommen ist. Ich war nur enttäuscht darüber das mir dein gesetzter Schwerpunkt so gar nicht bei einer Kaufentscheidung geholfen hat. Er nimmt sehr viel Platz in dem Review ein obwohl er für eine Menge Leute vermutlich sehr nebensächlich sein dürfte. Jeder der das erste Bestiarium für DSA 5 bereits hat weiß was er von vom Organisatorischen hier bekommt. Ich bezweifle das Ulisses mitten in einer Edition die Art wie sie ihre Bücher organisieren völlig über den Haufen werfen wird. Vor allem nicht wenn der Stil marktüblich ist. (siehe auch das typische D&D oder Pathfinder Monsterhandbuch). Klar jeder legt seine Schwerpunkte das ist gut und recht aber einer sollte meiner Meinung nach nicht alles andere überstrahlen. Ich zum Beispiel hätte mir gewünscht das du mehr zu dem Anhang mit dem Vampiren etwas sagst. Das scheint eine Abweichung zum ersten Bestiarum zu sein und klang interessant. Leider hast du dazu dann gar nichts mehr in deinem Review dazu gesagt. Auch hätte ich mir mehr zu den Monstern an sich erhofft. Höhepunkte, totale Stinker, interessantes mechanisches Design, und so weiter. Das hätte mir bei der Kaufentscheidung geholfen. Tolle gemachte Monster sind das warum es mir in den Büchern geht. Und das hat mir hier halt etwas gefehlt.

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    1. Danke für deine erneute Rückmeldung: Wie gesagt, für mich hat tatsächlich die Kritik an der Struktur die inhaltlichen Aspekte überwogen, auch weil ich im Fall der Rüstkammer ein identisches Problem habe.
      Als kurze Ergänzung zum Inhalt: Was mir gefällt, sind z.B. die Artikel zu den Dämonen, z.B. dem Darai oder dem Kah-Thurak-Arfei. Weil ich zum Teil die entsprechenden DSA4-Publikationen nicht besitze, hat mir da oft eine konkrete Vorstellung gefehlt, das wird auch mit den schönen Illustrationen gut gelöst. Am schönsten geschrieben sind für mich die Texte zu den Holberkern und der Seeschlange. Bei den Holberkern wird z.B. auch eine gute Geschichte erzählt, anstatt stichwortartig die Spezies vorzustellen. Umgekehrt erscheinen mir manche Kreaturen wie die Hundeblume einfach viel zu absurd, weil die wahrscheinlich wahnsinnig selten in Abenteuern auftauchen werden und es auch gar keinen Sinn macht, Energien in die Erschaffung einer solchen Kreatur zu setzen, wenn jeder normale Wachhund letztlich effektiver und weniger limitiert ist.
      Die Vampire erhalten im Anhang beachtliche 6 Seiten, in denen auf das lebensspendende Sikaryan und den jeweiligen Status (d.h. die Art des Vampirdaseins) eingegangen wird, sowie auf die Gaben eines Vampirs. Zudem werden die Verwundbarkeiten der verschiedenen Vampirtypen vorgestellt.

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