Rezension: Heldenwerk-Archiv II

Vorbemerkung: Die aktuellen Zustände sorgen ja dafür, dass man oft zu etwas mehr Besinnung kommt, manches ist entschleunigt. Hier im Blog führt das unter anderem dazu, dass ich mich auch auf ein paar ältere Sachen konzentrieren kann. Im Orkenspalter-Forum wurde ich beispielsweise unlängst darauf hingewiesen, dass der Wunsch nach einer Bewertung des Zusatzmaterial besteht, das mit den Heldenwerk-Archiven erschienen ist. Bisher hatte ich nur das erste Archiv rezensiert. Dem komme ich natürlich gerne nach und mache deshalb heute den Anfang mit dem Heldenwerk-Archiv II. Dabei konzentriere ich mich aber nur auf das jeweilige neue Material und verweise sonst auf die meist zum Erscheinungszeitpunkt erfolgte Rezension.

In Zahlen:

– 128 Seiten

– 7 Abenteuer

– Erscheinen am 25.10. 2018

– Preis: 29,95 Euro

I. Aufbau und Inhalt

Wie schon der Vorgänger besteht das Heldenwerk-Archiv II aus sechs regulär erschienenen Heften und zusätzlich einem siebten Heldenwerk, das ursprünglich exklusiv für den KRK produziert wurde. Für jedes Heldenwerk existiert eine vorangestellte Seite mit Autorennotizen, die ein wenig über die Gedanken beim Planen und Verfassen verraten, danach folgt das Original-Heldenwerk, dem sich dann zwischen 2-6 Seiten Zusatzmaterial anschließen.

Deicherbe

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Zu dem Heldenwerk in Nostria gibt es auf vier Seiten vor allem Vernetzungsanregungen zu anderen Abenteuern. So wird eine Idee entwickelt, es mit Rache ist Stockfisch zu verbinden, wobei das Bindeglied die Suche nach einer Hexe ist, die bei der Brechung des Artefakt-Fluchs helfen soll, der Deicherbe zugrunde liegt. Dabei werden außerdem Varianten der Artefaktzerstörung vorgestellt. Ein weiterer Vorschlag setzt bei der Geschichte von Ewiger Hass an. Dort geht es zu Beginn um die Suche nach einigen Verschwundenen, wofür sich auch die Hexe Karlitta als Auftraggeberin anbietet. Zuletzt werden zusätzlich einige Bewohner der Nachbarhöfe beschreiben, mit weiteren Anregungen für Folgeentwicklungen.

Rübenernte

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Das Heldenwerk im Bornland ist ohnehin zur Anbindung an die Theaterritter-Kampagne angedacht. Hier findet sich nun umgekehrt der Vorschlag, die im Abenteuer vorkommende Figur des Pjerow in den Bänden der Kampagne als wiederkehrenden NSC einzusetzen. Zudem werden weiter Meisterpersonen eingeführt, unter anderem zwei sehr unterschiedliche Hexen, die ebenfalls dem Geheimnis der Rüben auf die Spur kommen wollen. Zudem wird ein wichtiger Gegenstand des Abenteuers in seiner Artefakteigenschaft erläutert

Sklaven für eine Nacht

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Das Abenteuer hat die undankbare Aufgabe, den HeldInnen schmackhaft zu machen, sich in die Rolle von Sklaven zu fügen. Um dies etwas zu entschärfen, wird ein alternativer Einstiegsplot skizziert, in dem sie nicht gefangen genommen werden, sondern in dem sie sich freiwillig in dieses Schicksal begeben haben, um im Auftrag von Emmeran Stoerrebrandt ein Artefakt aus der Grandenvilla zu stehlen. Dabei wird diese Idee von der Anwerbung über die Anreise bis zur abschließenden Flucht ausgeführt. Die Handlung vor Ort wird zudem um die Beschreibung einer Meisterperson ergänzt, die im damaligen Heldenwerk nur sehr kurz ausgefallen ist. Diese Erweiterung ist mit 6 zusätzlichen Seiten vergleichsweise lang aufgefallen.

Rache ist Stockfisch

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Hier liegt der Fokus ebenfalls auf der weiter oben schon erwähnten Zusammenlegung mit Deicherbe, wobei das konkrete Geschehen um die Auffindung der Hexe Gildris geschildert wird. Dabei liegt der Fokus auf der Beschreibung des Weges zu ihrem Aufenthaltsort und einer Konfrontation mit einer konkurrierenden Gruppe, die ebenfalls nach der Hexe sucht.

Blutiger Wein

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Hier sind vor allem Erweiterungen zum Schauplatz, dem Dorf Horaskrug, vorhanden. So wird ein Boronanger nebst einem Geweihten hinzugefügt, der etwas zu den Todesfällen beitragen kann. Ebenso wird eine vorhandene Liebesgeschichte weiter ausgeschmückt. Zuletzt skizziert der Autor noch in einigen Worten seine ursprüngliche Idee eines eher zombielastigen Abenteuers. Zudem gibt es auch hier eine Verknüpfungsanregung, diesmal zu Unbezwingbare Wut.

Die Paligan-Akten

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Das Heist-Abenteuer wird vor allem um zwei weitere Figuren ergänzt, die ebenfalls an dem Inhalt der Paligan-Akten interessiert sein könnten. Außerdem wird auf einen der Hauptkritikpunkte eingegangen, nämlich dass genau dieser brisante Inhalt aus Platzgründen nicht beschreiben werden konnte. Beispielhaft werden somit in der Erweiterung einige der Geheimnisse in groben Zügen umrissen.

Drei Farben Schnee

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Das KRK-Abenteuer ist zwar mit dem Archiv erstmals abseits der Convention offiziell erschienen, aber auch hier sind im Vergleich zum Original Erweiterungen vorgenommen worden. Dabei handelt es sich ebenfalls um zusätzliche Figuren, die das Geschehen in der eingeschneiten Burg um weitere Facetten ergänzen sollen. Ein weiterer Fokus wird auf die Situation der Leibeigenen gelegt sowie auf das Erwecken weiterer Verdachtsmomente innerhalb der Kriminalhandlung.

II. Kritik

Hier gilt er wiederum zu trennen zwischen den unterschiedlichen Zielgruppen. Als genereller Befürworter der Heldenwerk-Reihe halte ich den Band grundsätzlich für eine gute Sammlung der Kurzabenteuer. Natürlich bestehen dabei aus meiner Sicht durchaus qualitative Unterschiede und ich empfinde nicht jedes Abenteuer gleich überzeugend. Was mir hier auffällt, ist eine gute Durchmischung von sehr bodenständigen Handlungen wie in Deicherbe und Rübenernte und Abenteuern von größerer Tragweite (z.B. Die Paligan-Akten, bei denen man immerhin Staatsgeheimnisse in seinen Besitz bringen kann) oder sehr existenziellen Bedrohungen (wie das mörderische Drei Farben Schnee, bei dem man vor allem mit sehr gefährlichen Gegnern konfrontiert wird). Allen gemeinsam ist der überschaubare Handlungsrahmen, der ein Durchspielen an 1-2 Spielabenden ermöglicht. Zudem ist die Bandbreite auch regional gegeben, man kann seine Heldengruppe vom tiefen Süden bis ins Bornland an Schauplätze in ganz Aventurien versetzen. Auch was die Erfahrungsgrade angeht, kann man hier unterschiedliche Gruppen bedienen, von einsteigertauglichen Szenarien (Deicherbe, Rübenernte) bis hin zu sehr anspruchsvollen Aufgaben (Sklaven für eine Nacht, Drei Farben Schnee) ist alles dabei. Thematisch ist hingegen die überwiegende Mehrheit in Bereich der Lösung von Kriminalplots bzw. der Aufdeckung ähnlich düsterer Geheimnisse gelagert. Wer nur die Abenteuer des Bandes nacheinander spielen möchte, könnte stellenweise in dieser Hinsicht etwas Abwechslung vermissen. Klare Highlight unter den einzelnen Abenteuern sind für mich Die Paligan-Akten, weil hier der Inhalt auch im begrenzten Platz des Heldenwerks hervorragend umgesetzt wurde und Drei Farben Schnee, das über eine extrem dichte Atmosphäre verfügt.

Wer all diese Abenteuer besitzt – z.B. Abonnenten des Aventurischen Boten – für den stellt sich umgekehrt eher die Frage nach der Qualität des Bonusmaterials. Hier ist mein Eindruck eher zwiegespalten, da hier aus meiner Sicht doch sehr starke Unterschiede erkennbar sind. Die Heldenwerke sind aus meiner Sicht eine sehr gelungene Idee, zumeist ist aber das Problem existent, dass der Platzmangel dafür sorgt, dass hier und da etwas fehlt, was nützlich wäre, sei es eine Karte eines Schauplatzes, die Beschreibung einer Örtlichkeit oder einer Figur oder ein Handlungsübergang. In diesem Kontext sehe ich das Zusatzmaterial als Chance, an diesen Ecken und Kanten zu feilen.

Was ich hingegen für weniger sinnvoll halte sind die mehrfach gewählten Verknüpfungen zu anderen Abenteuern, die sich zwar möglichweise anbieten, aber sich aus meiner Sicht oft eher schon von selbst ergeben. Natürlich gibt es dabei auch Unterschiede, z.B. ist die zusätzliche Handlung um die gesuchte Hexe in Rache ist Stockfisch durchaus interessant und gut ausgeführt, während der dazugehörige Teil in Deicherbe sehr oberflächlich ausfällt. Umgekehrt sehe ich in Rübenernte keinen Mehrwert darin, wenn beschrieben wird, wie man eine Figur des Heldenwerks auch in anderen Abenteuern unterbringen könnte.

In anderen Abenteuern wird zwar das vorliegende Heldenwerk erweitert, aber oft sehr Versatzstückhaft, was z.B. zusätzliche Figuren angeht wie in Drei Farben Schnee oder Die Paligan-Akten. Positiv hingegen sind Erweiterungen zu bewerten, in denen die Autoren Kritikpunkte aufgegriffen haben, die ihnen nach Veröffentlichung begegnet sind, z.B. wenn auf die Inhalte der Paligan-Akten eingegangen wird (auch wenn die genannten Geheimnisse meiner Meinung nach nicht bahnbrechend sind).

Mit Abstand am gelungensten ist meiner Wahrnehmung nach Sklaven für eine Nacht erweitert worden, weil hier gleich ein kompletter Handlungsstrang hinzugefügt wurde, wobei alle Eventualitäten berücksichtigt worden sind und diese Erweiterungen aufeinander aufbauen. Der Kritikpunkt der erzwungenen Gefangennahme wird relativ elegant umschifft und stattdessen eine sinnige Alternative aufgeworfen.

III. Fazit

Das Heldenwerk-Archiv II bietet einen gelungenen Sammelband mit sieben abwechslungsreichen Kurzabenteuern, die viele Schauplätze und unterschiedliche Erfahrungsstufen berücksichtigen, mit einem Schwerpunkt auf Kriminalhandlungen. Im Zusatzmaterial sehe ich nur teilweise wirklich gewinnbringende Ergänzungen, allein dafür würde sich eine Anschaffung aus meiner Sicht nicht unbedingt lohnen, mit der deutlichen Ausnahme von Sklaven für eine Nacht.

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